Stiftungsrechtsreform: Der Referentenentwurf ist gut, kann aber noch besser werden

Das Bundesjustizministerium hat den Referentenentwurf des lange erwarteten Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vorgelegt. Drei Punkte sind besonders wichtig.

von Dr. Stefan Nährlich

Seit 2014 wird an einer Reform des Stiftungszivilrechts gearbeitet. Die eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht“ hat vor zwei Jahren ihren Bericht vorgelegt, Ende September hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts veröffentlicht.

Die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und seine zeitgemäße Ausgestaltung sind dabei keine triviale Angelegenheit. Stiftungen sind einerseits für die Ewigkeit gemacht, müssen sich anderseits aber auch an sich verändernde Verhältnisse anpassen können. Die handelnden Organmitglieder einer Stiftung sollen dies zum einen in verantwortlicher Art und Weise tun müssen, aber zum anderen auch in einem für ehrenamtliches Engagement zumutbaren und nicht abschreckenden Rahmen. Stiftungsengagement ist auf der einen Seite zwar privates Engagement, aber eben für das Gemeinwohl und damit auf der anderen Seite eben keine Privatsache.

Schließlich ist das Stiftungswesen kein monolithischer Block. Mildtätige Sozialstiftungen, Stiftungen der Kommunen, Kirchenstiftungen, Unternehmensstiftungen und andere haben ihre besonderen Eigenheiten und Interessen. Spätestens mit den Bürgerstiftungen ist in Deutschland noch eine Stiftungsform hinzugekommen, die eine ganz besondere Logik an den Tag legt. Hier stiften viele Menschen gemeinsam, hier werden viele Zwecke verfolgt, hier wird langfristig und kontinuierlich Stiftungsvermögen aufgebaut, hier wird aktiv um Spenden und ehrenamtliches Engagement geworben, hier wird sich engagiert, wo man sich am besten auskennt: in der eigenen Stadt oder Region. Nach zwanzig Jahren ungebrochenen Wachstums, trotz Finan- und Corona-Krise, halten viele Fachleute die Bürgerstiftungen für die Zukunftsform des Stiftens. Tatsächlich ist dagegen die Zahl der jährlich neu gegründeten traditionellen Stiftungen seit Jahren rückläufig. Ein großer Teil dieser bestehenden Stiftungen gilt als „notleidend“, weil sie aufgrund des geringen Kapitals ihre Stiftungszwecke nicht mehr erfüllen können.

Dies alles muss eine Stiftungsrechtsreform berücksichtigen, die das Stiftungswesen insgesamt voranbringen will. Drei Punkte, was die Stiftungsrechtsreform richtig macht und wo sich der Referentenentwurf noch verbessern lässt:

Wandel

Das Stiftungen künftig flexibler auf sich verändernde Verhältnisse reagieren können, ist ein wichtiger Fortschritt der Stiftungsrechtsreform und des jetzt vorgelegten Referentenentwurfs. So sind die Voraussetzungen künftig nicht mehr so hoch, eine „notleidende“ Stiftung einer anderen Stiftung zuzulegen und den Stifterwillen materiell, also mit dem Kapital und der Zweckbindung, aber ohne den Rechtskörper, weiter zu verfolgen. Dass allerdings zuerst mit einer Satzungsänderung versucht werden muss, die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen, ist inkonsequent. Diese Hürde ist unnötig, denn gegen den Willen der beteiligten Stiftungen ist eine Zulegung ohnehin nicht möglich. Stattdessen sollte man die Entscheidung bei den verantwortlichen Stiftungsorganen und der zuständigen Stiftungsaufsicht lassen.

Verantwortung

Mit dem Beginn der Finanzkrise und der Niedrigzinsphase ist die Vermögensanlage von Stiftungen risikobehafteter geworden und hat zu einer großen Verunsicherung bei vielen Stiftungsvorständen bezüglich ihrer Haftung bei Vermögensverlusten geführt. Die Stiftungsrechtsreform und der Referentenentwurf stellen jetzt mit der Einführung der sogenannten Business Judgment Rule klar, dass keine Pflichtverletzung vorliegt, wenn unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben und auf der Grundlage angemessener Informationen vernünftigerweise angenommen werden durfte, zum Wohle der Stiftung zu handeln. Heißt: hinterher ist man zwar immer klüger, aber Fehlentscheidungen sind nicht aus Ex-Post-Sicht zu bewerten.

Transparenz

Stiftungen, wie gemeinnützige Organisationen insgesamt, unterliegen bisher keinen gesetzlichen Transparenzpflichten. In den letzten Jahren hat in Fach- und Stiftungskreisen ein Umdenken eingesetzt, auch die Informationsinteressen der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. So sieht der Referentenentwurf die Einrichtung eines zentralen Stiftungsregisters beim Bundesamt der Justiz vor, das öffentlich einsehbar ist. Da es eine Publizitätswirkung hat, brauchen Organmitglieder künftig keine behördliche Vertretungsbescheinigungen mehr, die bislang immer wieder neu beantragt werden mussten. Auch ein Beitrag zur Entbürokratisierung im Ehrenamt.

Um die Informationsinteressen der Öffentlichkeit angemessen zu erfüllen, reichen die Veröffentlichungspflichten noch nicht aus. Denn über ihre Tätigkeit müssen Stiftungen im Stiftungsregister keine Angaben machen. So erfährt die Öffentlichkeit zwar, dass es diese Stiftung gibt und wer ihre Organmitglieder sind, aber nichts über ihre Ziele, Projekte, Maßnahmen oder Fördertätigkeiten. Das ist zu wenig, um auch die Interessen von Personen und Institutionen, die gemeinnützige Organisationen ihrer ideellen Ziele wegen unterstützen, angemessen zu wahren. Jahresabschlüsse und Jahresberichte müssen alle Stiftungen bei ihren Stiftungsbehörden einreichen. Wenn diese jetzt – auch zunächst auf freiwilliger Basis – in dem Stiftungsregister mit veröffentlicht werden, entsteht den Stiftungen kein zusätzlicher Aufwand, aber die Öffentlichkeit kann sich über die wichtige Arbeit der Stiftungen informieren.

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