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Gudrun Sonnenberg

„Wir halten uns im Hintergrund“

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Bildung und zukunftsträchtige Projekte zu fördern, das erledigen genossenschaftlich verfasste Unternehmen oft ohne großes Aufhebens. Wenn es allerdings darum geht, Haltung gegenüber antidemokratischen Tendenzen zu zeigen, wird man auch mal lauter. Wo überregionale Unternehmen der Genossenschaftlichen FinanzGruppe ihre gesellschaftliche Verantwortung sehen und wie sie ihr Engagement gestalten, zeigen drei Beispiele.

Union Investment

Union Investment, die Fondsgesellschaft der DZ BANK AG, engagiert sich als Unternehmen mit etwas mehr als einer Million Euro pro Jahr in den Bereichen Bildung, Soziales und Umweltschutz. Wie das konkret aussieht, zeigte 2023 der Wettbewerb „Wir für morgen“, der insgesamt 250.000 Euro an Preisgeldern für Leuchtturmprojekte mit besonders zukunftsträchtigen Ideen vergab. Eine namhafte Jury prämierte in der Kategorie Soziales unter anderem den Verein Atemzeit e.V., der Eltern mit schwer kranken Kindern unterstützt. In der Kategorie Bildung wurde das Projekt „Freitagsschule“ ausgezeichnet, das zugewanderten Menschen einen Ausbildungsabschluss ermöglicht.

Explizit nicht zur Anwendung kommt dabei der eigentlich weitverbreitete Leitsatz „Tu Gutes und sprich darüber“ – die Union Investment kommuniziert ihr Engagement mit Zurückhaltung: „Wir halten uns im Hintergrund und stellen andere ins Schaufenster, damit sie ihre Rolle als Vorbilder deutlich machen können“, sagt Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender der Union Investment (Foto links). „Das Marktschreierische ist nicht unsere Sache. Wenn man Inhalte hat, muss man nicht laut sein.“

Nur in einem Punkt weicht Reinke von dieser kommunikativen Zurückhaltung ab: Wenn es um antidemokratische Tendenzen geht. „Da müssen wir laut sein und das sage ich jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist“, sagt er, „Weltoffenheit und Partnerschaft sind nicht diskutierbar. Diese Haltung zu zeigen und klare Worte zu finden, erwarten auch unsere 4340 Mitarbeiter von mir.“

Weitere Förderungen im Umfang von rund 214.000 Euro vergab 2023 die Union Investment Stiftung, die 2000 errichtet wurde und in fünf Förderlinien tätig ist. Im Mittelpunkt standen 2023 die Unterstützung der Stiftung KlimaWirtschaft, die Vergabe von Deutschland-Stipendien an Studierende und der Ednannia Hilfsfonds für die ukrainischen Bürgerstiftungen, den die Stiftung Aktive Bürgerschaft eingerichtet hat.

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R+V Versicherung

Die R+V Versicherung, die Versicherung in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe, realisiert ihr gesellschaftliches Engagement komplett über ihre Stiftung. Diese ist 2018 als nicht rechtsfähige Treuhandstiftung errichtet worden. Zum hundertjährigen Jubiläum des Unternehmens legte die R+V Versicherung nach und stockte im September 2022 das Grundkapital der Stiftung auf zehn Millionen Euro auf.

2023 bewilligte sie Fördermittel in Höhe von mehr als 750.000 Euro. „Uns liegen die Bildung der nachfolgenden Generationen und die Begeisterung von Menschen für ehrenamtliches Engagement am Herzen“, beschreibt Dr. Ralph Glodek, Geschäftsführer der R+V Stiftung, die Ziele der Stiftung (Foto Mitte). Die Förderschwerpunkte sind Jugend & Bildung und bürgerschaftliches Engagement. Die Mittel fließen in Projekte wie beispielsweise das Bürgerkolleg Wiesbaden, das Mentoring-Projekt „Joblinge“ und andererseits in den Freiwilligentag Wiesbaden, die Bürgerstiftung „Wiesbaden Stiftung“, die Tafel und viele weitere Initiativen und Projekte.

„Darüber hinaus verstehen wir uns als Plattform zur Vermittlung und Vernetzung von Kompetenzen und Initiativen, um gemeinnützige Kräfte zu bündeln und Ressourcen zielgerichtet einzusetzen“, so Glodek. In diesem Sinne listet die Stiftung auch Projekte auf ihrer Website auf, für die sie eine Empfehlung zum Spenden ausspricht.

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Bausparkasse Schwäbisch Hall

Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist einer von zwei zentralen Immobilienfinanzierern in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe und die größte Bausparkasse in Deutschland. 1995 gründete sie die Stiftung „bauen-wohnen-leben“. Das Ziel: jenseits der Tätigkeit des Unternehmens Diskussionen zu wohnungsbaupolitischen Themen anstoßen und fördern. Dem geht die Stiftung mit Publikationen, Fachexkursionen, Veranstaltungen und auch Forschungsförderung nach. Beispielsweise beteiligte sie sich als Mitfinanzierer am Forschungsprojekt „über_dacht“ der Universität Stuttgart, das erkundete, wie man neuen Wohnraum durch das Überbauen von Verkehrswegen schaffen könnte. Außerdem unterstützt sie den Campus Schwäbisch Hall, einen Standort der Hochschule Heilbronn.

Die Bausparkasse selbst engagiert sich laut Willem Buesink, Abteilungsleiter Vorstandsstab, Nachhaltigkeitsmanagement, Politik und Gesellschaft (Foto rechts), aktuell mit jährlich 600.000 Euro an Spenden und Sponsoring vor allem für die Region: „Im Fokus unserer Aktivitäten stehen die Unterstützung von Bauen und Wohnen sowie Jugend, Bildung und Kultur“, sagt er.

Die Kultur fördert die Bausparkasse als Hauptsponsor der traditionsreichen Freilichtspiele in Schwäbisch Hall, und sie sammelt Spenden für die Musikschule. Im Sinne einer Corporate Citizenship hat die Bausparkasse die Schwäbisch Haller Bürgerstiftung mitbegründet und unterstützt diese von Beginn an sehr aktiv. Sie stellt die Geschäftsstelle zur Verfügung und vergibt über eine Treuhandstiftung unter dem Dach der Bürgerstiftung Stipendien an Studierende aus Schwäbisch Hall.

Darüber hinaus unterstützt die Bausparkasse Schwäbisch Hall mit einem Corporate-Volunteering-Programm das gesellschaftliche Engagement ihrer Mitarbeitenden und fördert überregional die Stiftung Off Road Kids, die bundesweit obdachlosen Kindern und Jugendlichen hilft.

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Der Beitrag ist Teil des Fokus Haltung zeigen – Unternehmen und Engagement der bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Zum Fokus Haltung zeigen – Unternehmen und Engagement

Fokus April 2024: Digitalisierung – zwischen Hype und Herausforderung

1024 683 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Digital kommunizieren, sich online informieren: Das ist für die meisten Menschen selbstverständlich. Anders sieht es aus, wenn es um Arbeitsprozesse geht. Der Umstieg auf digitale Plattformen, digitales Projektmanagement und Speicherlösungen braucht Know-how und Investitionen. Insbesondere für Non-Profit-Organisationen ist das eine Herausforderung. Schließlich kann man Spendengelder, die für Klimaprojekte oder Jugendförderung gedacht sind, nicht einfach für den Kauf eines Servers oder die Implementierung einer Software verwenden.

Eine Lösung können Open-Source-Entwicklungen sein, wie das Beispiel der Bürgerstiftung Würzburg zeigt. Aber es gibt auch spezielle Angebote für Gemeinnützige von kommerziellen Anbietern, namentlich Microsoft. Unter bestimmten Umständen fördert die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) die Digitalisierung von Non-Profit-Organisationen. Dennoch bleiben auf der Suche nach dem besten Weg viele Fragen offen, stellte sich im Austausch von Philipp Berg von der DSEE und Stefan Nährlich, Stiftung Aktive Bürgerschaft, heraus.

Lesen Sie dazu diese Fokusbeiträge:

Hinterm Internet geht’s weiter – oder auch nicht: Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen

Die Digitalisierung hat inzwischen die meisten Menschen in Deutschland erreicht. 95 Prozent der Menschen ab 16 Jahre nutzten 2023 das Internet, 57 Prozent erledigten ihre Geldgeschäfte per Onlinebanking, 49 Prozent waren in sozialen Netzwerken unterwegs, so das Statistische Bundesamt. Das sind wichtige Voraussetzungen, um digital zu arbeiten. Doch dafür die geeignete digitale Umgebung aus Hardware, Software und datenschutzkonformen Plattformlösungen einzurichten, gelingt nicht allen Non-Profit-Organisationen.
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Tschüss, Excel!

Eigentlich hatten sie nur ein Newslettertool gesucht bei der Bürgerstiftung Würzburg. Jetzt machen sie dort (fast) alles digital. Bei der Suche nach einem Softwaretool für den Versand ansprechender Newsletter erkannte die Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung schnell, dass die kostenfreien Tools nur sehr eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten boten und deshalb nicht infrage kamen.
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„Nicht zu religiös betrachten“

Open Source oder Software vom Tech-Giganten: Wie digitalisiert man eine Non-Profit-Organisation am besten? Ein Gespräch zwischen Philipp Berg von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), die gerne Open-Source-Entwicklung fördert, und Stefan Nährlich von der Stiftung Aktive Bürgerschaft, die gute Erfahrungen mit Microsoft macht.
ZUM BEITRAG

Mehr zum Thema:

Digitale Bürgerstiftung – Das Projekt der Stiftung Aktive Bürgerschaft
Zum Projekt

Mobiles Arbeiten: Gekommen, um zu bleiben – Teil A: Von der Ausgangslage zur neuen IT-Struktur. Von Christiane Biedermann und Stefan Nährlich, Stiftung Aktive Bürgerschaft, in: Stiftung&Sponsoring 06.21 (Dezember 2021)
Zum Bericht

Mobiles Arbeiten: Gekommen, um zu bleiben – Teil B: Mit Digitalisierung die Teamarbeit neu strukturieren. Von Christiane Biedermann und Stefan Nährlich, Stiftung Aktive Bürgerschaft, in: Stiftung&Sponsoring 01.22 (Februar 2022)
Zum Bericht

 

Hinterm Internet geht’s weiter – oder auch nicht: Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen

150 150 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Die Digitalisierung hat inzwischen die meisten Menschen in Deutschland erreicht. 95 Prozent der Menschen ab 16 Jahre nutzten 2023 das Internet, 57 Prozent erledigten ihre Geldgeschäfte per Onlinebanking, 49 Prozent waren in sozialen Netzwerken unterwegs, so das Statistische Bundesamt. Das sind wichtige Voraussetzungen, um digital zu arbeiten, doch dafür die geeignete digitale Umgebung aus Hardware, Software und datenschutzkonformen Plattformlösungen aufzubauen, gelingt nicht allen Non-Profit-Organisationen.

So stellten die Autoren der Anfang 2023 veröffentlichten Studie „Zwischen Appstore und Vereinsregister – Ländliches Ehrenamt auf dem Weg ins digitale Zeitalter“ von neuland 21 e.V. und dem Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung Erkner (IRS) fest, dass zwar die meisten der befragten Vereine einen Webauftritt hatten, aber nur eine Minderheit der befragten Vereinsangehörigen digitales Projektmanagement oder Onlinespeicher nutzten. In einem eigens entwickelten Digitalisierungsindex, der den Einsatz digitaler Werkzeuge intern und extern sowie die digitalen Kompetenzen der Vereinsmitglieder maß, erzielten die meisten Vereine maximal 6 Punkte auf der Skala von 0 bis 10. 35 Prozent der befragten Vereine im ländlichen Raum hatten kein Budget, um ihre Digitalisierung voranzutreiben. Wie weit die Engagierten ihre privaten Ressourcen einsetzten, hing von den sozioökonomischen Faktoren vor Ort ab. Weitere Hemmnisse waren fehlende Expertise und das Alter der Engagierten, vor allem in sozial und wirtschaftlich schlechter aufgestellten Regionen. Um die Digitalisierung voranzutreiben, brauchte es in den Organisationen Initiatoren, vor allem im Vorstand. Wichtig war auch, ob sie bei ihren Mitstreitern auf Offenheit und die Bereitschaft zur Veränderung stießen.

Faktor Zeit

Die Erfahrungen der Stiftung Aktive Bürgerschaft in der Beratung von digitalisierungsinteressierten Bürgerstiftungen zeigen, dass neben Expertise, Kompetenzen und finanziellen Ressourcen auch der Faktor Zeit eine erhebliche Rolle spielt. So wurde in der Beratung der Aktiven Bürgerschaft unter anderem von einer Bürgerstiftung thematisiert, dass die Schulungen der Software-Anbieter in die Arbeitszeiten der berufstätigen Engagierten fielen und deshalb die Einführung der digitalen Tools nicht umgesetzt werden konnte.

Insgesamt ist wohl davon auszugehen, dass auch in Non-Profit-Organisationen wie überall in Wirtschaft und Gesellschaft zuweilen noch ein gewisser Trägheitsfaktor zu überwinden ist. Er wird sichtbar im Digitalisierungsindex 2023/24 des Digitalisierungsnetzwerks D21: Hier äußerten sich 52 Prozent der Befragten ablehnend, skeptisch oder ambivalent gegenüber der Digitalisierung.

Zur Studie über Vereine
Zum Statistischen Bundesamt
Zum Digitalindex von D21

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Tschüss, Excel!

1024 629 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Eigentlich hatten sie nur ein Newslettertool gesucht bei der Bürgerstiftung Würzburg. Jetzt machen sie dort (fast) alles digital.

Bei der Suche nach einem Softwaretool für den Versand ansprechender Newsletter erkannte die Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung schnell, dass die kostenfreien Toolversionen nur sehr eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten boten und deshalb nicht infrage kamen. Sie fragte bei der Stiftung Aktive Bürgerschaft nach einer für Stiftungen geeigneten Lösung und stieß über die Webinar-Reihe „Digitale Bürgerstiftung“ der Aktiven Bürgerschaft auf CiviCRM.

Das ist eine kostenlose Open-Source-Software für das Customer Relations Management (CRM) von Non-Profit-Organisationen, die noch weit mehr kann, als nur einen Newsletter zu versenden. Auch die Aktive Bürgerschaft arbeitet damit. Die Bürgerstiftung Würzburg entschied sich, CiviCRM zu installieren. „Seit 2023 machen wir eigentlich alles digital“, sagt Birgit Freudenberger, bei der Bürgerstiftung zuständig für die Verwaltung. „Alles“ ist: Die gesamte Adressverwaltung, Newsletter-Erstellung und Versand, Spendenverwaltung, Veranstaltungsmanagement und Förderantragsmanagement.

Nie wieder aus einem PDF abtippen

„Früher haben wir unsere Kontakte manuell in Excel-Tabellen und in benutzereigene digitale ‚Adressbücher‘ geschrieben. Das war sehr mühsam“, berichtet Freudenberger. Das gleiche bei Förderanträgen: „Da ist die Kollegin früher verzweifelt – wir haben teilweise PDF-Formulare abgeschrieben, Anhänge zuordnen müssen und schließlich zu große Dateien gehabt, die sich nicht mehr an die Kuratoriumsmitglieder mailen ließen“, erinnert sich Freudenberger. Jetzt bekommt das Kuratorium, das über die Förderungen entscheiden muss, einen Link, der zu einer in CiviCRM generierten Tabelle mit den Anträgen und allen Unterlagen führt. Auch Veranstaltungen zu managen, ist viel einfacher geworden: Die Anmeldungen werden über ein Formular auf der Homepage direkt ins System übernommen, für die Veranstaltung verbucht und automatisch bestätigt.

So könnte es auch mit der Spendenverwaltung laufen. Es gibt einen Online-Button auf der Homepage und eine Schnittstelle zum Onlinebanking, die Spenden werden in CiviCRM verbucht, zugeordnet und gezählt. Alles funktioniert digital. Nur die Zuwendungsbestätigung muss aktuell noch ausgedruckt und eingetütet werden. „Technisch könnten wir das auch digitalisieren“, sagt Freudenberger, „aber wir warten bereits seit eineinhalb Jahren auf die Freigabe durch das Finanzamt.“

Der Einsatz

Die insgesamt enorme Arbeitserleichterung hat allerdings eine nennenswerte Investition an Zeit und Geld erfordert. Zwar ist CiviCRM kostenlos. Doch es muss implementiert werden und dafür fielen im Fall der Bürgerstiftung durch die vielen verschiedenen Funktionen rund 12.000 Euro an. Mit Erfolg bewarb sich die Bürgerstiftung auf Anraten der Aktiven Bürgerschaft um eine Förderung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE): 90 Prozent der Kosten wurden übernommen. Auflage: Es mussten sich mindestens zwei Personen in der Organisation mit der Implementierung befassen und die Umsetzung musste bis zum Jahresende innerhalb von sechs Monaten – bis Ende 2022 – abgeschlossen sein. Darüber hinaus mussten während des laufenden Antragsverfahrens mehrere Onlinefachvorträge der DSEE besucht werden. Der Zeitaufwand ist ein Punkt, an dem die Sache scheitern könnte, wenn sich in der Bürgerstiftung Menschen engagieren, die berufstätig sind und zu den Schulungszeiten arbeiten müssen.

Bei der Bürgerstiftung Würzburg hat am Ende alles geklappt. „Das war zwar zeitweise ein bisschen stressig: Wir haben abends mit dem Laptop auf dem Knie die unterschiedlichen Exceltabellen mit den Adressen auf den neusten Stand gebracht und vom Format her vereinheitlicht. Aber es hat sich gelohnt“, sagt Freudenberger. Jetzt arbeiten in der Stiftung die Projektmanagerinnen und -manager mit CiviCRM. Vorstand und Kuratorium halten sich raus; man muss zugeben, dass die Benutzeroberfläche eine gewisse Einarbeitung erfordert. Viele Fragen zur Handhabung kann die Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung in der Community auf CampusAktiv klären, dem Portal der Aktiven Bürgerschaft, in dem sich Bürgerstiftungen anmelden können. Die über den Support hinausgehenden Programmierarbeiten übernimmt das mit der Implementierung beauftragte Unternehmen auf Stundenbasis.

Für die Bürgerstiftung war die Digitalisierung ein Kraftakt, aber er hat Freiraum für andere Vorhaben geschaffen. „Wir erwarten eine Zuwendung im Millionenbereich“, sagt Birgit Freudenberger. „Jetzt kommt uns zugute, dass wir bei den Verwaltungsaufgaben viel Zeit gewonnen haben.“
Zur BÜRGERSTIFTUNG WÜRZBURG UND UMGEBUNG

Digitale Bürgerstiftung – Ein Projekt der Stiftung Aktive Bürgerschaft

Wie können Bürgerstiftungen die Digitalisierung nutzen, um ihre Arbeit einfacher und zukunftsfähig zu gestalten? Welche Software ist die richtige, wie organisiert man seine digitalen Prozesse und die Zusammenarbeit im Team? Für solche und weitere Fragen hat die Stiftung Aktive Bürgerschaft das Projekt „Digitale Bürgerstiftung“ ins Leben gerufen. Als Support-Organisation für die Bürgerstiftungen in Deutschland bietet sie diesen kostenlos Unterstützung und Beratung – vom Starter-Paket bis zu Support-Foren zu CiviCRM und Microsoft 365. Dabei organisiert sie auch den Austausch mit Bürgerstiftungen, die bereits mit digitalen Lösungen arbeiten. Durch die Zusammenarbeit mit IT-Partnern erhalten die Bürgerstiftungen kostenlose oder kostengünstige IT-Pakete.
Mehr zur „Digitalen Bürgerstiftung“

Text: Gudrun Sonnenberg

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Fundstück des Monats: KI im Stiftungswesen

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In Sachen Künstliche Intelligenz (KI) ist der gemeinnützige Bereich doppelt gefordert: Beim Einsatz im eigenen betrieblichen Alltag ebenso wie in der Diskussion über KI als gesellschaftspolitisches Thema. Am 25. April 2024 hat Stefan Nährlich für einen Vortrag beim Berliner Thinktank Maecenata Beispiele für den Einsatz von KI aus der Stiftung Aktive Bürgerschaft und weitere Informationsquellen vorgestellt sowie zentrale Fragen diskutiert. Die Infos sind in seiner Präsentation nachzulesen.
Zur Präsentation

Weitere nützliche Tools und Links

Der Bürgerstiftungsfinder der Stiftung Aktive Bürgerschaft
www.buergerstiftungsfinder.de

Datenbank sozialgenial der Stiftung Aktive Bürgerschaft: Service-Learning-Schulprojekte
www.aktive-buergerschaft.de/service-learning/sozialgenial-praxisbeispiele/

Weiterbildung: Masterstudiengang Nonprofit-Management & Governance
professional-school.uni-muenster.de/masterstudiengange/nonprofit-management-governance/

Jobs anbieten und finden: Gesines Jobtipps
gesinesjobtipps.de/

Veranstaltungskalender für Gemeinnützige:
www.buergergesellschaft.de/mitteilen/nuetzliches/termine-veranstaltungen/veranstaltungskalender
www.gutes-wissen.org/kalender/

Fördermittel für Gemeinnützige:
Meta-Verzeichnis
blog-foerdermittel.de/internetverzeichnis/
Förderdatenbank der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt
foerderdatenbank.d-s-e-e.de/datenbank/programme
Aktuelle Ausschreibungen
foerdermittel-wissenswert.de/aktuelles/
Spendenkampagnen von Unternehmen
www.foerderprogramme.org/spendenkampagnen/
Wettbewerbe und Förderpreise
www.buergergesellschaft.de/mitteilen/nuetzliches/wettbewerbe-foerderpreise

Probleme mit dem Zuwendungsempfängerregister

1024 576 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Ein Bürokratiefehler ist nicht von einem echten Verstoß gegen Gemeinnützigkeitsregeln zu unterscheiden und die Datensätze sind löchrig: Das Zuwendungsempfängerregister ist unfertig und zu früh an den Start gegangen. Es kann die erwünschte Transparenz und Sicherheit noch nicht bieten. Wenn es nicht rechtzeitig nachgebessert wird, könnte es Vertrauen zerstören und Schaden anrichten. Ein Blick auf die Tücken im Detail.

Von Stefan Nährlich

Im Januar 2024 ist das Zuwendungsempfängerregister (ZER) an den Start gegangen. Sinn und Zweck ist es, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Fördermittelgebern eine einfache und unkomplizierte Möglichkeit zu geben, sich über den Gemeinnützigkeitsstatus von Organisationen zu informieren. Das ZER soll Sicherheit und Transparenz schaffen und so privaten und institutionellen Fördermittelgebern helfen, die Organisationen zu identifizieren, bei denen sie sich konkret engagieren möchten.

Leider stiftet das ZER gegenwärtig vor allem Verwirrung und sorgt unter gemeinnützigen Organisationen auch nicht gerade für Begeisterung. Mehr Transparenz und Sicherheit habe ich mir anders vorgestellt.

Unvollständige Datensätze

„Das Zuwendungsempfängerregister hat keine konstitutive Wirkung. Dies bedeutet, ein Fehlen von berechtigten Organisationen oder das Fehlen von einzelnen Daten zu berechtigten Organisationen im Zuwendungsempfängerregister hat keine Auswirkung auf den durch die Finanzämter festgestellten gemeinnützigkeitsrechtlichen Status bzw. den Status als Zuwendungsempfänger der Organisation.“ Das steht seit einiger Zeit deutlich auf der Webseite vor der ZER-Suchmaske.

Die Datensätze im ZER sind aktuell noch so löchrig und unvollständig, dass man meiner Ansicht nach das Register nicht im Januar 2024 hätte online gehen lassen dürfen. Leider stand es aber anders im Jahressteuergesetz 2020 und auch Bundesministerien und -ämter leiden unter dem Mangel an IT-Fachkräften und an sich verändernden Prioritäten.

Fehlende Unterscheidung zwischen Bürokratiefehler und echtem Problem

Durch eine aktuelle Beratung bin ich auf ein weiteres Problem aufmerksam geworden. Einer Bürgerstiftung war vom örtlichen Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, weil die Körperschaftssteuererklärung durch das Steuerberatungsbüro nicht fristgerecht abgegeben wurde. Das ist kein Einzelfall und betrifft nicht nur Bürgerstiftungen oder Stiftungen, sondern alle gemeinnützigen Körperschaften. Es kommt dem Vernehmen nach auch nicht nur selten vor. Die Folge ist, dass die Finanzämter mit einem Bescheid den Vereinen oder Stiftungen die Gemeinnützigkeit entziehen. Danach hat man einen Monat Zeit, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Ist sonst alles mit der Gemeinnützigkeit in Ordnung, wird nach der Einreichung der Körperschaftssteuererklärung innerhalb der Monatsfrist der vormalige Bescheid aufgehoben und der Status der Steuerbegünstigung der betroffenen Körperschaft ist dauerhaft intakt geblieben. Im Grunde also kein Problem.

Doch mit Einführung des ZER wissen nicht nur das zuständige Finanzamt und die betroffene gemeinnützige Organisation von dem kleinen Missgeschick, sondern es wird für alle öffentlich, die in der Zeit das ZER nutzen. Im ZER sollen – sobald es funktioniert –tagesaktuell die Finanzamtsdaten abgeglichen und veröffentlicht werden.

Es ist aber ein Unterschied, ob die Gemeinnützigkeit wegen eines formalen Fehlers entzogen wird oder weil gegen inhaltliche Kriterien des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen wurde, beispielsweise durch eine Mittelfehlverwendung.

Der Gesetzgeber sollte das ZER schnellstens nachbessern, bevor ein richtiges und wichtiges Vorhaben durch Mängel in der Umsetzung Schaden anrichtet und Vertrauen in gemeinnützige Organisationen beschädigt wird.

Dr. Stefan Nährlich ist Geschäftsführer und Mitglied des Vorstands der Stiftung Aktive Bürgerschaft.

Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte, Ausgabe 254 – April 2024 vom 30.04.2024

„Nicht zu religiös betrachten“

1024 546 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Open Source oder Software vom Tech-Giganten: Wie digitalisiert man eine Non-Profit-Organisation am besten? Ein Gespräch zwischen Philipp Berg von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), die gerne Open-Source-Entwicklung fördert, und Stefan Nährlich von der Stiftung Aktive Bürgerschaft, die gute Erfahrungen mit Microsoft macht.

bürgerAktiv: Herr Berg, die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt setzt, wenn sie Digitalisierung fördert, auf Open Source. Warum?

Philipp Berg: Wir zwingen niemanden, seine IT-Landschaft umzustellen, in der er arbeitet. Wenn jedoch Software weiterentwickelt oder neue Funktionen hinzugefügt werden sollen, bevorzugen wir Open Source. Zum Beispiel, wenn jemand für eine Mitgliederverwaltung, die bereits von 800 Organisationen genutzt wird, ein neues Feature benötigt und wir dessen Entwicklung unterstützen: Dann profitieren potenziell alle 800 Organisationen von dieser Unterstützung, da sie das Feature ebenfalls nutzen können. Dies ist aus meiner Sicht eine effizientere Verwendung von Steuergeldern, als wenn eine Organisation nur für ihre eigenen Bedürfnisse finanzielle Mittel erhält.

bürgerAktiv: Stefan Nährlich, die Stiftung Aktive Bürgerschaft, die ja auch Bürgerstiftungen in Sachen Digitalisierung berät, empfiehlt durchaus, mit einer kommerziellen sogenannten proprietären Software wie Microsoft zu arbeiten. Warum?

Stefan Nährlich: Zu Beginn der Corona-Pandemie ging es um schnelle Verfügbarkeit. Wir haben den Bürgerstiftungen daher empfohlen, bei ihrem Internet-Provider zu prüfen, ob dieser Microsoft (MS) 365 mit Teams anbietet. Microsoft ist zudem einigermaßen alternativlos, es gibt nicht so viele Anbieter von integrierten Systemen. Wir nutzen MS 365 auch selbst. Dabei zählte für uns, dass das System leistungsfähig ist, sofort einsatzbereit ist und dass die Kolleginnen und Kollegen mitziehen. Für gemeinnützige Organisationen wird es sehr kostengünstig angeboten. Wichtig für uns war auch, ob es den Anbieter in 20 Jahren noch gibt.

Philipp Berg: Auch hinter einem proprietären Tool stecken ganz, ganz viele kleine Open-Source-Lösungen. Wenn die kaputtgehen oder nicht weiterentwickelt werden, funktioniert auch das proprietäre Tool nicht mehr.

Stefan Nährlich: Wir nutzen – mit einem weinenden und einem lachenden Auge – auch Open-Source-Software, nämlich CiviCRM für unser Kontaktmanagement. Wir empfehlen das auch den Bürgerstiftungen. Damit es aber überhaupt läuft, zahlen wir über 1000 Euro im Jahr für Hosting und Support. Dazu kommen Personalkosten für die Kollegin, die mit dem Support zusammenarbeitet und uns intern unterstützt. Auch der Leistungsumfang hat noch Luft nach oben. Für die Entwicklung eines Plug-ins zum Schutz sensibler Daten haben wir zusammen mit vier anderen NPOs 5000 Euro gespendet. Nach zwei Jahren ist es aber immer noch nicht einsatzbereit. Das ist weniger eine Frage des Geldes als von verfügbaren Fachkräften. ITler verdienen in der Wirtschaft mehr und die Wirtschaft bedient zahlungskräftige Kunden. Und die setzen auf andere Lösungen. Um Projektdaten einzupflegen, haben wir etwas hinzuprogrammieren lassen. Das ist gut geworden, hat aber fast 10.000 Euro gekostet. Die Projektdatenbank wäre auch in der Microsoft-Welt mit Power BI zu realisieren gewesen, das Feature hätten wir auch mit anderen, die Microsoft 365 nutzen, geteilt. Die Möglichkeit einer öffentlichen Förderung gab es aber nicht.

„Wir sollten uns von ausländischen Strukturen nicht zu abhängig machen“

Philipp Berg: Gegen eine solche Förderung spricht, dass wir uns von ausländischen Strukturen nicht derart abhängig machen sollten, dass, wenn sie einmal wegbrechen, auch hier bei uns alles wegbricht. Wir haben bereits erlebt, wie ein Zusammenbruch dieser Strukturen im Energiesektor und in der Pharmaindustrie zu erheblichen Problemen geführt hat. Daher gibt es starke Argumente dafür, im digitalen Bereich wenigstens eine eigene europäische Souveränität anzustreben.

Stefan Nährlich: Das würde ich sogar unterschreiben. Aber Behörden und Ministerien setzen selbst im großen Maße Microsoft-Produkte ein. In einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke hat die Bundesregierung angegeben, 2022 über 200 Millionen Euro für Microsoft-Lizenzen ausgegeben zu haben. Open-Source spielt danach auch nur eine Nebenrolle. Ich kenne auch kein Unternehmen, das nicht mit Microsoft 365 arbeitet. Aber ausgerechnet die Zivilgesellschaft soll dann den hehren Zielen der Politik folgen, sich nicht abhängig zu machen?

Philipp Berg: Es ist tatsächlich problematisch, dass wir unsere Entwicklungen für die öffentliche Verwaltung immer nur ins Schaufenster stellen und nie in die produktive Anwendung bringen. Seit ein paar Jahren ist zum Beispiel die dPhoenix Suite als souveräner Arbeitsplatz für die öffentliche Verwaltung in der Erprobung und, soweit ich weiß, in Schleswig-Holstein auch produktiv im Einsatz. Und es gibt mit openDesk ein neues, ähnliches Modell. Ich bin sehr gespannt, was daraus wird, und vor allem, wie wir als Verwaltung da rankommen. Bei hundert Prozent Open Source weiß man, was funktioniert und was nicht. Wir würden so eine Arbeitsumgebung auch gerne nutzen. Im zivilgesellschaftlichen Sektor haben wir übrigens mal ein sehr ähnliches Projekt gefördert, die KolliCloud. Für etwa 30 Euro im Monat gibt es dort einen webbasierten Arbeitsplatz für Organisationen, wo alles Mögliche drin ist, Mailing, Cloud, Videotelefonie, und das Rechenzentrum ist klimaneutral. Da gibt es viel Bewegung.

bürgerAktiv: Aber da sind ja auch die Implementierungskosten …

Philipp Berg: Das ist ein Faktor, und da sind wir – jedenfalls bei großen Systemen wie CiviCRM – schnell im fünfstelligen Bereich. Aber als Fördermittelgeber sehe ich volkswirtschaftlich einen elementaren Unterschied, ob ich Geld in einen Implementierer aus Deutschland investiere und damit an jemanden, der Software hier für mich aufsetzt und sie hierzulande hostet, sodass hier jemand den Server wartet und Serviceleistungen erbringt, sodass also das Geld hier im Wirtschaftskreislauf landet – oder ob das Geld alles in die USA geht.

Stefan Nährlich: Das Geld geht ja nicht in die USA, nur weil mit Microsoft-Produkten entwickelt wird. Die zertifizierten Microsoft-Partner in Deutschland sind mittelständische Firmen aus Deutschland, sie zahlen hier ihre Gehälter und ihre Steuern. Da bleibt das Geld auch im Wirtschaftskreislauf.

bürgerAktiv: In den USA wird gerade von sehr finanzstarken Unternehmen Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt. Hat Open Source denn eine Chance, da mitzuhalten?

Philipp Berg: Das ist das nächste große Problem: Wer hat die Daten, um diese Modelle zu trainieren? Und das bedeutet wiederum: Wem geben wir alle unsere Daten? Wenn wir immer deren Systeme nutzen, werden wir den Anschluss verlieren in Sachen europäisches Modell. Der Datenvorsprung der großen Konzerne ist irre. Aber vielleicht müssen wir das nicht aufholen, es gibt ja auch Anwendungsfälle unabhängig davon, etwa KI in der Krebsforschung.

Stefan Nährlich: Man kann beispielsweise Aleph Alpha in Heidelberg nur viel Erfolg wünschen. Meine Befürchtung ist aber, dass der Zug abgefahren ist, bevor sie mit ihrer KI so weit sind. OpenAI, Microsoft, Apple und Google, Amazon und Co. sind jetzt schon in der Fläche. Alle, die das bereits nutzen und damit im Großen und Ganzen gut zurechtkommen, werden nicht ohne Not oder starke Anreize wechseln.

Philipp Berg: Das beobachte ich schon länger und finde es schade, dass es so ist. Ich habe den Eindruck, dass wir sehr viele Menschen verlieren, wenn sie einmal eine schlechte Erfahrung gemacht haben – egal ob drei Jahre später alle Schwierigkeiten beseitigt sind und ein Tool nun gut funktioniert. Nachdem beispielsweise in München die Umstellung der öffentlichen Verwaltung auf Linux 2017 als gescheitert galt, galt das Thema Linux in der öffentlichen Verwaltung als verbrannt und wurde nicht mehr angefasst. Das ist nachvollziehbar, aber auch frustrierend. Wie kriegt man Menschen dazu, einem Projekt doch noch einmal eine Chance zu geben? Dinge entwickeln sich weiter!

Stefan Nährlich: Als Wirtschaftswissenschaftler würde ich sagen, Entwicklungen sind immer pfadabhängig. Wenn man sich vor drei Jahren beispielsweise entschieden hat, Webinare mit Teams zu machen, dann sind Wissen, Arbeitsprozesse, Anmeldungsverfahren eben seit drei Jahren auf Teams ausgerichtet. Das ändert man nicht, wenn es seinen Zweck erfüllt und zukunftsfähig ist.

bürgerAktiv: Vielleicht generiert die Non-Profit-Branche ja selbst eine vielversprechende Innovation. Auch Google hat mal klein angefangen.

Philipp Berg: Nach menschlichem Ermessen ist sehr schwer vorstellbar, dass ein Vorsprung, wie ihn Google jetzt hat, noch jemals eingeholt werden könnte. Andererseits dachte man das bei Yahoo auch … Ich halte es immer für möglich, dass eine technologische Innovation komplett durch die Decke geht – und dass sie überall auf der Welt entstehen kann. Mit Sicherheit gibt es auch in Deutschland viele Menschen, die Innovationen mit großem Potenzial arbeiten.

„Die Engagierten nutzen pragmatisch das, was es gibt“

bürgerAktiv: Was fange ich nun an mit den Überlegungen als Vorstand einer Stiftung oder eines Vereins? Microsoft oder Open Source? Entscheiden oder flexibel bleiben?

Stefan Nährlich: Die Engagierten nutzen pragmatisch das, was es gibt, um ein Stück weiterzukommen. Das ist die Realität. Wir wollen niemanden überreden oder belehren, in eine bestimmte Richtung zu gehen. In unserem Support für die Bürgerstiftungen in Deutschland unterstützen wir sie in dem, was sie machen mit den gängigen Lösungen, das sind Microsoft 365 und CiviCRM.

Philipp Berg: Ich kann mich mit dem Wort Pragmatismus an der Stelle auch anfreunden. In der DSEE setzen wir stark auf Wissensaustausch, Vernetzung, Erfahrungsaustausch, die Dinge nicht für sich selbst lösen zu wollen, in Beratung zu gehen, in Peer-Beratung zu gehen. Man darf dieses Thema nicht religiös betrachten. Die Frage ist immer, was ist für uns in unserem Kontext in der IT, die wir schon haben, mit den Menschen, mit denen wir arbeiten, die richtige Lösung? Digitalisierung ist nur ein Tool für die eigentliche Arbeit. So niedrigschwellig sollte man das auch betrachten und nicht zu hoch hängen.

Philipp Berg (Foto links) ist Teamleiter Digitalisierung & Innovation bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE).
Stefan Nährlich (Foto rechts) ist Geschäftsführer und Mitglied des Vorstands der Stiftung Aktive Bürgerschaft.
Fotos: André Hamann / Werner Kissel

Der Beitrag ist Teil des Fokus Digitalisierung – zwischen Hype und Herausforderung der bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Zum Fokus Digitalisierung – Zwischen Hype und Herausforderung

Fokus März 2024: Junge Menschen für Engagement begeistern und die Demokratie stärken

1024 768 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Menschen, die sich engagieren und Verantwortung übernehmen, sind die tragenden Säulen der Demokratie. Doch beklagen viele zivilgesellschaftliche Organisationen, dass es schwieriger wird, genügend Ehrenamtliche zu finden, vor allem, wenn es um Funktionsträger geht wie Vorstände oder Kassenwarte.

Denn einerseits macht sich der demographische Wandel bemerkbar: Es wachsen weniger junge Menschen nach, und sie haben weniger Zeit – von der Ganztagsschule über die Verschulung von Studiengängen, Doppelbelastungen in Familie und Beruf bis zu weiten Fahrwegen reichen die Hürden. Eine wachsende Zahl von Menschen zieht informelles Engagement oder auch punktuelles Engagement dem Mitarbeiten in etablierten Strukturen vor.

Es gilt also, passende Angebote zu machen. Gute Beispiele zeigen, wie es gelingen kann, junge Menschen für gesellschaftliches Engagement zu gewinnen. Unsere Expertin Annette Zimmer sagt im Interview: Es liegt auch an den Engagierten selbst, wie offen sie wirklich sind.

Lesen Sie dazu diese Fokusbeiträge:

Viele junge Engagierte, trotzdem Nachwuchssorgen: Engagement in Zahlen

Wie sieht das Engagement junger Menschen aus, wo und wie engagieren sie sich? Die Zahlen aus einschlägigen Befragungen zeigen, dass beim Nachwuchs die Bereitschaft, etwas für das Gemeinwohl zu tun, hoch ist. Doch so ganz passen der Bedarf der gemeinnützigen Organisationen und die Bedürfnisse jüngerer Menschen nicht zusammen.
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Mitmachen und entscheiden lassen

Mit einer Jugendbürgerstiftung hat die Bürgerstiftung Sindelfingen junge Menschen ins Boot geholt. Hier machen die jungen Leute eigenständig Projekte und ziehen neue Interessenten an.
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„Manche bleiben“

Im Gast-Haus in Dortmund kümmern sich ehrenamtlich Engagierte um Menschen in Not, Obdachlosigkeit und prekären Lebenslagen. Der Verein setzt bei der Suche nach Helfern auch auf die Zusammenarbeit mit Schulen.
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Extraangebote für die Jugend

Große Organisationen versuchen, mit eigenen Jugendorganisationen den jungen Menschen Räume zu eröffnen. Niedrigschwellige Angebote zielen darauf ab, den Einstieg zu erleichtern. Drei Beispiele.
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„Kompetenzerwerb stärker thematisieren“

Die Politikwissenschaftlerin Annette Zimmer, Seniorprofessorin an der Universität Münster, spricht im Interview mit bürgerAktiv über Nachwuchsprobleme gemeinnütziger Organisationen und über Strategien, um junge Menschen zum Mitmachen zu gewinnen.
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bürgerAktiv Magazin 2023/24 der Stiftung Aktive Bürgerschaft mit Geschichten über das Engagement junger Menschen in sozialgenial-Mitgliedsschulen:
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Viele junge Engagierte, trotzdem Nachwuchssorgen: Engagement in Zahlen

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Wie sieht das Engagement junger Menschen aus, wo und wie engagieren sie sich? Die Zahlen aus einschlägigen Befragungen zeigen, dass beim Nachwuchs die Bereitschaft, etwas für das Gemeinwohl zu tun, hoch ist. Doch so ganz passen der Bedarf der gemeinnützigen Organisationen und die Bedürfnisse jüngerer Menschen nicht zusammen.

Laut Deutschem Freiwilligensurvey, der zuletzt 2019 erschien und nach dem Engagement in den vergangenen zwölf Monaten fragte, engagieren sich knapp 40 Prozent der Deutschen über 14 Jahre, gut die Hälfte von ihnen in Vereinen oder Verbänden. Bei den 14- bis 29-Jährigen lag die Engagementquote bei 42 Prozent.

Jüngere kleinere Befragungen zeichnen ein noch positiveres Bild: So gaben in der Befragung „u_count“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) 2022 zwei Drittel der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, sich in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal ehrenamtlich engagiert zu haben. Bei 55 Prozent liegt die Quote in der Erhebung „Rein digital, nur gelegentlich oder im Ausland? Neue Formen des freiwilligen Engagements junger Menschen in Stadt und Land“ die 2023 die Ruhr-Universität Bochum (RUB) in fünf Regionen und Städten durchgeführt hat.

Unterschiedliche Formen

Hinter den Zahlen verbergen sich verschiedene Formen des Engagements. Thematisch dominieren Sport und Bewegung, Freizeitveranstaltungen, Bildungsarbeit und Kultur. Laut Freiwilligensurvey engagieren sich Menschen mit höherer Bildung doppelt so häufig wie Menschen mit geringer Bildung.

Von der Organisationsform her haben die Vereine die Nase vorn. In der „u_count“-Befragung sind 62 Prozent der befragten jungen Menschen regelmäßig in einem Verein aktiv gewesen. Auch die in der RUB-Studie Befragten haben sich vorwiegend in einer Organisation engagiert, und dies auch regelmäßig – beispielsweise als Co-Trainer, Tierpfleger, Auf- und Abbau bei Veranstaltungen. Seltener jedoch waren sie administrativ tätig, etwa als Kassenwart oder in einer leitenden Funktion. Rund 40 Prozent der in der RUB-Studie Befragten haben sich „episodisch“, also anlass- oder ereignisbezogen und damit einmalig engagiert. Dieses Engagement fand wiederum häufig in einem Verein oder einer anderen Organisation statt.

Viele Organisationen ohne junge Menschen

Der ZiviZ-Survey 2023, die repräsentative Organisationsbefragung des Think-Tanks Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ), schaut aus der Sicht der Organisationen auf die jungen Engagierten und stellt fest: Weniger als die Hälfte der dort befragten Organisationen hat in ihren Leitungspositionen Menschen unter 30 Jahren, 42 Prozent der Organisationen hat keine Engagierten zwischen 18 und 30 Jahren in ihren Reihen. Die meisten jüngeren Engagierten verzeichnen Sportvereine und die Katastrophenhilfe.

Jugend möchte ernst genommen werden

In der „u_count“-Studie äußerten manche der jungen Befragten den Eindruck, nicht für voll genommen zu werden. Hier kam auch zum Ausdruck, dass junge Menschen sich mehr Mitbestimmung wünschen, wenn sie sich engagieren – also bei der Finanzplanung oder Veranstaltungsorganisation im Verein mitwirken möchten. „Der Bürgermeister fragt die Jugendlichen zwar und nimmt ihre Wünsche auf, aber die Umsetzung dauert lange“, zitiert „u_count“ eine Befragte.

Text: Gudrun Sonnenberg

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Mitmachen und entscheiden lassen

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Mit einer Jugendbürgerstiftung hat die Bürgerstiftung Sindelfingen junge Menschen ins Boot geholt. Hier machen die jungen Leute eigenständig Projekte und ziehen neue Interessenten an.

Bis 3 Uhr nachts zu lauter Musik tanzen: Das stößt bei den älteren Teilen der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Bei jungen Menschen dafür umso mehr. Damit diese sich mal so richtig austoben können und nicht spätestens um Mitternacht von ruhebedürftigen Anwohnern unterbrochen werden, organisiert die Jugendbürgerstiftung Sindelfingen neuerdings eine „Silent Disco“, bei der die Gäste die Musik nicht über Lautsprecher, sondern über Kopfhörer hören, und zusammen tanzen.

Die Idee hatten junge Frauen aus Stuttgart mitgebracht. In der Jugendbürgerstiftung konnten sie sie ausprobieren. Beim dritten Abend fanden sich schon hundert junge Leute ein. Zweimal im Jahr soll das Event stattfinden. Schöner Nebeneffekt: Es sind über die Disco – und auch über andere Events – neue junge Leute auf die Jugendbürgerstiftung aufmerksam geworden und ihr beigetreten. 26 Köpfe zwischen 16 und 29 Jahren zählt jetzt das Team, und sie engagieren sich hier für das, was die Älteren allzu oft übersehen, die Interessen junger Menschen.

Eigenes Budget

Genau dafür hatte die Bürgerstiftung Sindelfingen 2013 die Jugendbürgerstiftung ins Leben gerufen: Um junge Leute zum Mitmachen zu bewegen – aber vor allem, um sie machen zu lassen. Mit einem Budget von 3000 Euro im Jahr können sie eigene Projekte planen und umsetzen oder andere Initiativen fördern. Bei Letzterem helfen die Mitglieder der Jugendbürgerstiftung entweder selbst, etwa, indem sie bei Veranstaltungen von Vereinen den Getränkeausschank übernehmen. Oder sie unterstützen finanziell, etwa das Planspiel „MUNOG “ am Goldberg Gymnasium, bei dem Schülerinnen und Schüler in die Rollen von Staaten in der UNO-Vollversammlung schlüpfen. Manchmal helfen sie auch bei Projekten der Bürgerstiftung Sindelfingen aus. Zum Beispiel, wenn Sindelfinger Schulen in der „Schlau-Schau“ im Einkaufzentrum naturwissenschaftliche Projekte präsentieren.

Patrick Schmid, der aktuelle Vorstandsvorsitzende der Jugendbürgerstiftung (im Foto mit seiner Vorstandkollegin Nicola Koroll), ist seit dreieinhalb Jahren dabei. Ihn habe die breite Palette der Möglichkeiten von Sport über Kultur bis zu sozialen Themen angezogen: „Jeder kann ein Projekt finden, das zu ihm passt“, sagt er. „Die Bürgerstiftung lässt uns unsere Erfahrungen machen, wir werden nie gebremst. Bei uns dürfen auch 16-Jährige ihre Euphorie ausleben. Für uns ist es toll, dass wir so ein Vertrauen genießen.“

„Wir beraten, aber wir lassen sie selbst entscheiden“, sagt Heike Stahl, eine von zwei Vorständen der Bürgerstiftung, die für die Jugend zuständig sind. Manchmal gehört etwas Nervenstärke dazu sich zurückzuhalten, etwa, wenn man selbst schon längst mit einer Planung anfangen würde und die Jugendlichen erst auf den letzten Drücker aktiv werden. „Sie planen halt kurzfristiger“, sagt Stahl.

Hybrid gegen Fluktuation

Der Zulauf gibt aktuell jedenfalls dem Konzept „Machen lassen“ recht. Um die Fluktuation gering zu halten, die automatisch durch das Ende der Schulzeit, Ortwechsel wegen Studium oder Ausbildung entsteht, kommuniziert die Jugendbürgerstiftung hybrid – so können auch die Mitglieder mitreden, die für ein paar Jahre nach Berlin oder anderswohin gegangen sind.

Jedenfalls, bis sie 30 sind. Dann ist in der Jugendbürgerstiftung Schluss – aber das soll nicht das Ende sein: Die Bürgerstiftung hofft, dass sich der Nachwuchs dann in der Bürgerstiftung weiter engagiert. Für den 28-jährigen Patrick Schmid ist das auf jeden Fall eine Option. Was auf ihn zukäme, weiß er schon, denn als Vertreter der Jugendbürgerstiftung ist er regelmäßig bei den Vorstandssitzungen der Bürgerstiftung dabei – und sorgt dafür, dass der Blick der Jugend auf die Projekte nicht zu kurz kommt.

Text: Gudrun Sonnenberg

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