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Gudrun Sonnenberg

Hintergrund: „Closed Shops“ in der deutschen Gesellschaft

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Polarisierung, Spaltung und Gefährdung des sozialen Zusammenhalts sind medial allgegenwärtige Schlagworte. Nur gut, dass das bundesweite Forschungsinstitut gesellschaftlicher Zusammenhalt soeben seinen ersten Zusammenhaltsbericht vorgelegt hat. Eine Einordnung, eine kritische Frage an aktive Bürgerinnen und Bürger und weiterer Forschungsbedarf.

Von Holger Backhaus-Maul

Mit dem zuerst vor allem in Ostdeutschland verstärkt öffentlich auftretenden Rechtspopulismus und -radikalismus hat der Begriff des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf Seiten politischer Parteien hohe Aufmerksamkeit und vielfache Verwendung gefunden – obwohl der Begriff deutungsoffen und relativ inhaltsleer ist. Oder vielleicht gerade deswegen? Denn er signalisiert normativ Positives und verspricht Ordnung in einer bisweilen überfordert erscheinenden Gesellschaft.

In dieser unübersichtlichen Gemengelage versprach sich die große Koalition aus CDU und SPD „Rat und Tat“ von den Sozial- und Geisteswissenschaften und forderte sie auf, in wissenschaftlicher Freiheit das Phänomen theoretisch-konzeptionell zu ergründen und empirisch zu vermessen. Das bundesweite Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) mit rund 200 wissenschaftlich Mitarbeitenden an elf Universitätsstandorten war damit ins Leben gerufen.

Krisen mit gravierenden Folgen

Was also trennt und was fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland? Der soeben vorgelegte erste Zusammenhaltsbericht des FGZ unter Leitung von Olaf Groh-Samberg geht dieser Frage vor dem Hintergrund der aktuellen sozialwissenschaftlichen Debatte mit bewährten quantitativen Instrumenten und Verfahren nach. Soziologen und Politikwissenschaftler wie Steffen Mau, Wolfgang Merkel, Armin Nassehi, Philipp Staab, Armin Schäfer, Uwe Schimank und Michael Zürn verweisen auf multiple Krisen, die sich häufen und in immer schnellerer Folge auftreten – mit gravierenden Folgen für Demokratie, Sozial- und Rechtsstaat sowie nicht zuletzt eben gesellschaftlichen Zusammenhalt. Medial aufgeheizt polarisieren sich die politischen Ränder der Gesellschaft, während sich die breite und zugleich heterogene Mitte der Gesellschaft in politischer Enthaltsamkeit und Anpassung an die veränderte Situation und Weltlage zu üben scheint.

Auf einer breiten empirischen Grundlage von 12.000 Befragten widmet sich der Zusammenhaltsbericht des FGZ den Beziehungen, den Interaktionen zwischen einander Bekannten und geht der Frage nach, ob es zu milieuübergreifenden – anderen Menschen gegenüber aufgeschlossenen – Interaktionen kommt oder soziale Schließung unter Gleichen praktiziert wird. Wie kommen Interaktionen zwischen Bekannten zustande, wie setzen sich Bekanntenkreise zusammen und kommt es dabei zu Kontakten über den eigenen Bekanntenkreis hinaus? Grundlegend geht es also darum, inwiefern welche sozialen Beziehungen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland beitragen oder ihn unterlaufen.

Die Autoren und Autorinnen des FGZ-Berichts gehen dabei davon aus, dass in Interaktionen unter Bekannten Homophilie, das heißt, eine Vorliebe für Menschen, die einem selbst ähnlich sind, zum Tragen kommt, sodass sich soziale Netzwerke tendenziell abgrenzen und alltägliche Lebenswelten sich sukzessiv entkoppeln. Soziale und räumliche Ungleichheiten in Deutschland verstärken diese Tendenzen zur „Netzwerksegregation“ und „Entkoppelung“ von Lebenswelten. Die deutsche Gesellschaft als instabile Ansammlung von „closed shops“?

Die Eigenart, „unter sich“ zu bleiben, ist sowohl bei (potenziellen) Wählerinnen und Wählern der Grünen als auch der AfD besonders stark ausgeprägt: 50 Prozent der potenziellen AfD-Wähler berichten, dass sich ihr Bekanntenkreis überwiegend aus AfD-Anhänger zusammensetzt; von den potenziellen Wählern der Grünen bewegen sich sogar 62 Prozent unter politisch Gleichgesinnten. Der letztgenannte Befund verdient besondere Aufmerksamkeit, da sich die Grünen normativ als weltoffen und universalistischen Werten verpflichtet präsentieren, während ihre potenziellen Wähler in hohem Maße soziale Schließung praktizieren – die Spannung zwischen prozessierten Normen und alltäglichem Habitus ist erheblich. Im Zusammenhaltsbericht identifizieren die Autorinnen und Autoren muslimischen Glauben, geringe Bildung und ländliche Wohnumgebung als weitere Faktoren, die gruppenspezifische Segregationen beziehungsweise relative soziale Schließungen in Bekanntenkreisen begünstigen; mit Abstand gefolgt von ostdeutsch, reich und hochgebildet.

Eine förderfähige Preisfrage

Ein erster Zusammenhaltsbericht des FGZ, der das Trennende herausarbeitet! So bleibt die politische und auch wissenschaftliche Ausgangsfrage, was die Gesellschaft zusammenhält, zunächst unbeantwortet. Nach einem ersten Zusammenhaltsbericht ist aber mindestens ein zweiter Bericht, wenn nicht gar eine fortlaufende Berichterstattung, zu erwarten, zumal sich die zweite Förderphase des FGZ von 2024 bis 2029 erstreckt. Gleichwohl wäre jetzt zu fragen, welche konkreten Handlungspraxen es in der deutschen Gesellschaft gibt, die mehr oder minder zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Bürgerstiftungen und Service Learning wären hier Untersuchungsgegenstände par excellence. Die förderfähige Preisfrage lautet somit, begünstigen Bürgerstiftungen und Service Learning Engagement unter Gleichen und soziale Segregation oder forcieren sie milieuübergreifende Interaktionen und damit gesellschaftlichen Zusammenhalt?

Dr. Holger Backhaus-Maul ist Soziologe und Fachgebietsleiter an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Kommentar von Dr. Holger Backhaus-Maul für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 250 – November-Dezember 2023 vom 13.12.2023

 

Selbstverpflichtung, Mitgestaltung und Klebstoff für die Gesellschaft

1024 576 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Bürgerengagement: Was heißt das eigentlich? Die Meinungen gehen auseinander. Was sagen die Aktiven vor Ort? Die Aktive Bürgerschaft hat sich bei ihren Partnern in Bürgerstiftungen, Schulen und Genossenschaftsbanken umgehört. Hier sind ihre Antworten auf die Frage: Was ist heute aus Ihrer persönlichen Sicht die Aufgabe von Bürgerengagement?

„Unsere Welt driftet im Großen wie im Kleinen zunehmend auseinander. Bürgerengagement ist der Klebstoff für den Zusammenhalt der Bürgergesellschaft im Kleinen. Und da sollten wir alle groß sein.“
Klaus Arnold, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Mittelhessen und Vertriebsleiter Volksbank Mittelhessen eG

„Bürgerschaftliches Engagement ist eine Aufgabe, eine Selbstverpflichtung des Bürgers an den Bürger. Es ist in Wirklichkeit die Grundlage und auch der Zweck des gesamten gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es steht am Anfang, mit höchster Priorität. Alles andere folgt aus ihm.“
Beate Dillage-Wiechmann, Sophia Gröting und Berthold te Vrügt, gemeinsam tätig in der VR-Bank Westmünsterland eG und in der BürgerStiftung Aktive Bürger – Borken, Stadtlohn & Umgebung

„Durch Engagement lassen sich aktiv gesellschaftliche Prozesse mitgestalten und verändern. Man kann entsprechend seiner Fähigkeiten und Ressourcen einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. So können z. B. soziale Probleme bewältigt werden und kulturelle Vielfalt bewahrt und gefördert werden. Außerdem stärkt es die Demokratie.
Insgesamt spielt Bürgerengagement eine entscheidende Rolle bei der Schaffung und Aufrechterhaltung einer lebendigen, gesunden und inklusiven Gesellschaft. Es stärkt das Gemeinschaftsgefühl, fördert die Mitverantwortung und ermöglicht es den Menschen, aktiv am Gestaltungsprozess ihrer Umgebung teilzunehmen.“
Rieke Domagala, Lehrerin am Börde-Berufskolleg des Kreises Soest

„Durch ehrenamtliches Engagement können und sollen Aufgaben übernommen werden, die sich durch die aktuellen Herausforderungen ergeben und für die keine ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen von öffentlicher Seite zur Verfügung stehen. Dies bedeutet auch, dass sich Bürger dort engagieren, wo sich die öffentliche Seite nicht oder in zu geringem Maße verantwortlich fühlt bzw. zuständig ist. Ich denke dabei an zahlreiche Bereiche wie beispielsweise die Betreuung oder Unterstützung hilfesuchender und bedürftiger Bürger, die Mitwirkung in oder Unterstützung von Vereinen, gemeinnützigen Organisationen o. ä., den Natur- und Umweltschutz und anderes mehr.“
Gisela Eggensberger, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Biberach und Vorstandsmitglied der Volksbank-Stiftung Ulm-Biberach

„Bürgerschaftliches Engagement ist der Klebstoff für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Es eröffnet Chancen für alle Beteiligten und schafft die Möglichkeit einer selbstwirksamen Lebensgestaltung. So machen wir unsere Gesellschaft noch etwas lebens- und liebenswerter.“
Theophil Graband, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Nürnberg

„Wir leben in einer sehr bewegten Zeit mit Coronafolgen, sehr nahen Kriegen, Politikverdrossenheit und steigender Altersarmut.
Vereine finden keine Freiwilligen mehr für die nötigen Ämter. Ängste, Einsamkeitsgefühle und egoistisches Handeln sind bei vielen Menschen zu erkennen.
Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir uns über ein entsprechendes bürgerschaftliches Miteinander und Engagement wieder näherkommen.
Gemeinsamkeit macht stark.“
Johann Hell, Gesamtbankverantwortlicher für die Geschäftsbereiche Stiftungs-, Generationen-, Unternehmens- und Vermögensnachfolgemanagement bei der meine Volksbank Raiffeisenbank eG

„Ehrenamtliches Engagement ist unverzichtbar in der heutigen Zeit. Eine engagierte Gesellschaft ist eine wichtige Voraussetzung für einen demokratisch organisierten Staat. Die Bereitschaft, für das gemeinsame Ganze oder für bestimmte Belange Verantwortung zu übernehmen, ist Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft. Ehrenamtliche Arbeit ist von unschätzbarem Wert, denn nur mit bezahlten Kräften wäre das gesellschaftliche System in den letzten Jahren schon längst ob der vielen Problemlagen kollabiert.
Die Aufgabe von bürgerschaftlichem Engagement heute ist also, sich u. a. für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stärkung demokratischer Werte und Haltungen einzusetzen. Im Ehrenamt wird im geschützten Raum geübt, was im Großen das demokratische Gemeinwesen trägt: gemeinsame Ziele auf Grundlage demokratischer Regeln und Aushandlungsprozesse zu erreichen sowie fair zu gewinnen und oder manchmal eben auch zu verlieren.“
Maria Hicking, Lehrerin am Karl-Schiller-Berufskolleg der Stadt Dortmund

„Bürgerschaftliches Engagement ist heute von entscheidender Bedeutung, um demokratische Werte zu erhalten und zu stärken sowie den sozialen Zusammenhalt zu fördern. Durch die aktive Teilnahme an Gemeinschaftsprojekten können Bürgerinnen und Bürger direkten Einfluss auf lokale Angelegenheiten und Projekte nehmen und positive Veränderungen bewirken. In einer globalisierten Welt ist es wichtig, dass Menschen in unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen, um nachhaltige Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu entwickeln.“
Carsten Jäger, Leiter Unternehmenskommunikation der Dortmunder Volksbank eG

„Bürgerengagement – alle Menschen sind Teil unserer Gesellschaft, die (zwangsläufig) von uns allen gestaltet wird. Und da es kein Nicht-Handeln gibt, macht es viel Sinn, sein Handeln bewusst zu steuern und dabei das eigene soziale Umfeld in den Blick zu nehmen.“
Jana Kluge, geb. Dlhoš, Oberstudienrätin am Börde-Berufskolleg des Kreises Soest

„Wir leben in einem ständigen Wandel und einer sehr vielfältigen Gesellschaft. Das hat auch Auswirkungen auf das Bürgerengagement. Menschen sollen sich in einem vielfältigen Bürgerengagement wiederfinden können. Neben der Vielfalt im Bürgerengagement ist auch der konstruktive Austausch der verschiedenen Gruppen untereinander wichtig, um ein Gemeinschaftsgefühl auf kommunaler Ebene zu fördern.“
Michaela Köser-Segschneider, Lehrerin am Berufskolleg Siegburg

„Bürgerengagement hat für mich persönlich die Aufgabe, von Bürgern für Bürger zu handeln.
Gemeinsam etwas zu erreichen, sich füreinander stark zu machen und dabei Spuren des Gebens zu hinterlassen.“
Uwe Schnurr, Mitglied im Vorstand der Bürgerstiftung Baden-Baden und Abteilungsleiter Private Banking bei der Volksbank pur eG

„In Zeiten von Social Media und Überflutung mit negativen Nachrichten holt Bürgerengagement die Jugendlichen zurück in die reale Welt und lässt sie echte Erfahrungen und Begegnungen erleben. Durch diese Erlebnisse und die damit verbundene unmittelbare Beteiligung wird aus meiner Sicht eine gute Basis für verantwortungsbewusstes, gesellschaftliches Handeln gelegt.“
Renata Seggewiß, Schulsozialarbeiterin am Börde-Berufskolleg des Kreises Soest

„Aus heutiger Sicht ist die Aufgabe von Bürgerengagement, Courage und Diversität zu unterstützen, Erfahrungsfelder zu ermöglichen, die jungen Menschen ohne diese Unterstützung nicht offen stünden. Bürgerengagement hat die Aufgabe, bildend und aufklärend in die Gesellschaft zu wirken und junge Menschen zu bestärken, ‚nicht nur zu labern, sondern auch zu machen‘, wie es ein Schüler neulich ausdrückte.“
Silvia Taubert, Lehrerin an der Mathilde Anneke Gesamtschule in Münster

„Die Aufgabe von Bürgerengagement ist aus meiner Sicht, notleidenden oder bedürftigen Menschen aktiv zu helfen, indem ihnen durch die Projekte von sozialgenial eine Möglichkeit gegeben wird, in kleinen Schritten selbst Engagement zu zeigen und sie dadurch motiviert werden, positiv in die Zukunft zu schauen.“
Julia Wernecke, Lehrerin am Georg-Büchner-Gymnasium Winnenden

„Aufgabe und Ziel von Bürgerengagement bestehen darin, dass Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Gestaltung ihrer Gesellschaft teilnehmen. Sie engagieren sich freiwillig für das Gemeinwohl in unterschiedlichen Bereichen, zum Beispiel für Umweltschutz, Bildung, Soziales oder Kultur.
Bürgerengagement trägt auch dazu bei, soziale Probleme zu lösen und positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken. So werden auch Aufgaben übernommen, die der Staat nicht mehr (alleine) lösen kann.“
Bernd Wesselbaum, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Hellweg eG

Kommentar: Wenn Interessen auf Gemeinsinn treffen

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Was ist eigentlich Bürgerengagement und warum ist es nicht egal, was die Regierung darunter versteht?

Von Stefan Nährlich

Bürgerschaftliches Engagement ist wichtig für unsere Gesellschaft, da sind sich alle einig. Bei der Frage, was Bürgerengagement ist, kann die Einigkeit jedoch schnell zu Ende gehen. Hier eine Auswahl der Interpretationen:

Mir schrieb vor vielen Jahren einmal jemand als Reaktion auf einen Artikel über bürgerschaftliches Engagement, das sei alles kalter Kaffee, in der DDR habe es das früher auch gegeben. Das habe sich Subbotnik genannt und sei ein freiwilliger und unbezahlter Arbeitseinsatz am Wochenende gewesen. Wer in der DDR lebte, wird mir vielleicht zustimmen, dass das mit Freiwilligkeit nicht viel zu tun hatte.

Im Bundestag kam, kurz nachdem der Bundesfreiwilligendienst eingeführt wurde, ein Streit über die Versteuerung des Taschengeldes und des Wohngeldes auf. Es könne nicht sein, so die SPD, dass Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagierten, auch noch steuerlich belastet würden. Wolfgang Schäuble, CDU, damals Bundesfinanzminister, antwortete darauf, auch er arbeite für das Gemeinwohl und es komme wohl niemand auf die Idee, dass Politiker keine Steuern zahlen müssten.

Unruhe im Unterausschuss

Vor einigen Wochen kam Unruhe im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages auf. Die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärten, sie wollten kein gemeinsames Papier mit den Regierungsparteien zum Bürgerengagement verfassen, weil sie schon bei der Definition, was Bürgerengagement sei, auseinanderlägen.

Die Reihe der Beispiele könnte man lange fortsetzen. Trotz Definitionen zum Thema in einschlägigen Regierungsdokumenten und wissenschaftlichen Publikationen.

Und, so könnte man fragen, wo ist das Problem, wenn es verschiedene Meinungen dazu gibt? Engagement ist kein interessenloser Raum und auch kein wertefreier Raum. Probleme entstehen, wenn Gesetze und Regelungen, Förderungen und politische Strategien auf unterschiedliche Interessen und Wertvorstellungen treffen.

Sozialunternehmer möchten mit ihrem Geschäftsmodell die Welt retten, Geld verdienen und gleichzeitig aber auch gemeinnützig sein, um Spenden annehmen zu können. Die Wohlfahrtsverbände sind strikt dagegen. Aus Überzeugung, dass Gemeinnützigkeit und Gewinnstreben nicht vereinbar sind, aber auch, um sich Konkurrenz vom Hals zu halten.

Wo sich nicht mehr genug Ehrenamtliche finden, wird zunehmend mit Geld nachgeholfen. Die einen sehen dazu keine Alternative mehr, um ihre Angebote und Einrichtungen weiter aufrechtzuerhalten, die anderen empfinden das als ungerecht. Manche kommen jetzt wegen des Geldes, andere bleiben wegen eben dieses Geldes, das andere bekommen, weg.

Gut ist, was vor Ort nützt

Das Bundesfamilienministerium arbeitet gegenwärtig an einer neuen Engagementstrategie der Bundesregierung, die im kommenden Jahr vorgestellt werden soll. Wenn sie nicht das gleiche Schicksal der Bedeutungslosigkeit wie das letzte Papier erleiden soll, sollte die neue Strategiepapier zwei Bedingungen erfüllen: Sie sollte ein klares ordnungspolitisches Konzept über Bürgerengagement beinhalten und eine konsequente Orientierung an dem, was den Engagierten vor Ort hilft und nützt.

Vielleicht hilft dabei den Politikern und Experten ein Blick darauf, was die Menschen vor Ort über bürgerschaftliches Engagement denken. Uns jedenfalls interessiert das, und so haben wir unsere Partner in Bürgerstiftungen, sozialgenial-Schulen und Genossenschaftsbanken genau das gefragt: Was ist heute aus Ihrer persönlichen Sicht die Aufgabe von Bürgerengagement?

Die Antworten lesen Sie hier.

Dr. Stefan Nährlich ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Stiftung Aktive Bürgerschaft.

Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 250 – November-Dezember 2023 vom 13.12.2023

 

Report Bürgerstiftungen 2023 veröffentlicht

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Bürgerstiftungen stärken auch in unsicheren Zeiten soziales Engagement und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Das geht aus dem „Report Bürgerstiftungen: Fakten und Trends 2023” hervor, den die Stiftung Aktive Bürgerschaft am 28. September 2023 gemeinsam mit dem Bündnis der Bürgerstiftungen veröffentlicht hat: Demnach haben sich bereits rund 400.000 Menschen an 426 Orten mit Geld, Zeit und Ideen engagiert. Das macht Bürgerstiftungen zu echten Mitmach-Stiftungen. Das Stiftungskapital aller Bürgerstiftungen liegt zurzeit bei 556 Millionen Euro.
An der aktuellen Umfrage, mit der die zentralen Finanzkennzahlen der Bürgerstiftungen in Deutschland für die Jahre 2021 und 2022 erhoben wurde, haben sich rund drei Viertel der Bürgerstiftungen beteiligt. Auf einer neuen Website sind alle Fakten, weiterführende Informationen und Beispiele für das Engagement von Bürgerstiftungen aufbereitet.

https://www.aktive-buergerschaft.de/reportbuergerstiftungen

Mehr Toleranz, besserer Nahverkehr: bürgerAktiv Magazin zu Schülerengagement erschienen

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Sie setzen sich für Toleranz ein, kochen Suppe für das gemeinsame Mittagessen in der Schule oder organisieren Austausch zwischen Verkehrsexperten und Politikern: So engagieren sich Schülerinnen und Schüler im Programm sozialgenial der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Im September 2023 ist das neue bürgerAktiv Magazin 2023/24 erschienen, das erzählt, was die jungen Menschen in ihren Projekten erreichen und wie nicht minder engagierte Lehrkräfte, Schulsozialarbeiterinnen, Genossenschaftsbanken und außerschulische Partner das Schülerengagement ermöglichen. Das Magazin ist kostenlos und die digitale Ausgabe steht online.

WWW.AKTIVE-BUERGERSCHAFT.DE/BUERGERAKTIV-MAGAZIN

Erstes Treffen des Freundeskreises

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Zwischen 2100 Abgüssen griechischer und römischer Skulpturen sind am 7. September 2023 zum ersten Mal die Mitglieder des Freundeskreises der Stiftung Aktive Bürgerschaft zusammengekommen. Ort des Treffens war die Abguss-Sammlung Antiker Plastik in Berlin. Bei einer exklusiven Führung lernten die Freundinnen und Freunde der Aktiven Bürgerschaft zusammen mit den Mitgliedern des Stiftungsrats die Exponate und den Förderverein der Sammlung kennen.
Im Freundeskreis der Aktiven Bürgerschaft können Privatpersonen sowie als korporative Mitglieder auch Bürgerstiftungen, Schulen, Volksbanken und Raiffeisenbanken mitmachen und sich mit Gleichgesinnten aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik vernetzen, um gemeinsam innovatives Bürgerengagement zu unterstützen.

www.aktive-buergerschaft.de/freundeskreis

Wechsel im Stiftungsrat

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Der Stiftungsrat der Aktiven Bürgerschaft hat vier neue Mitglieder: Martin Beyer, Vorstandssprecher und Arbeitsdirektor der Atruvia AG, Jörg Hermes, Mitglied des Vorstands der DZ HYP AG, Dr. Holger Horn, Vorstandsvorsitzender der Münchener Hypothekenbank eG und Boris Nannt, Vorstandsvorsitzender der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V. Ausgeschieden sind Dr. Louis Hagen, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Münchener Hypothekenbank eG, Dr. Yvonne Zimmermann, ehemaliger Vorstandsvorsitzende der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V., Jörg Staff, ehemaliges Vorstandsmitglied der Atruvia AG und Dr. Georg Reutter, ehemals Vorstandsvorsitzender der DZ HYP AG. Der Stiftungsrat tagte am 7. September 2023 in Berlin.

WWW.AKTIVE-BUERGERSCHAFT.DE/WECHSEL-IM-STIFTUNGSRAT-DER-STIFTUNG-AKTIVE-BUERGERSCHAFT/

Fünfjähriges Jubiläum bei „Silbernetz“

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Das „Silbertelefon“, die Hotline des Hilfsprojekts „Silbernetz“, ist am 24. September 2023 fünf Jahre alt geworden. Beim „Silbertelefon“ können alte Menschen anrufen, die sich einsam fühlen. Wie die Organisation aus Anlass dieses Jubiläums mitteilte, sind seither rund 500.000 Anrufe eingegangen. Aktuell seien es rund 3000 pro Woche. Sie werden von 25 hauptamtlichen und knapp 40 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegengenommen. Insgesamt kümmern sich rund 300 Ehrenamtliche um die alten Menschen, die meisten rufen in den sogenannten „Silbernetz-Freundschaften“ eine feste Person jede Woche einmal an. Das „Silbernetz“ arbeitet deutschlandweit und wird vom Land Berlin, von fünf Jobcentern sowie von Stiftungen und Unternehmen und durch Spenden unterstützt.

SILBERNETZ.ORG/RUND-500-000-ANRUFE-AM-SILBERTELEFON-IN-5-JAHREN/

taz Panter Preis: 9 Euro für freie Fahrt

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Das Neun-Euro-Ticket aus dem Sommer 2022 galt als großer Erfolg. Die Initiative „9-Euro-Fonds“ setzt sich dafür ein, es wieder einzuführen, und hat zur Bekräftigung einen Fonds eingerichtet, der indirekt den Beteiligten die Fortsetzung der Fahrt im Öffentlichen Personennahverkehr zum günstigen Preis ermöglicht: Wer an der Aktion teilnimmt, zahlt 9 Euro in den Fonds und fährt ohne Fahrschein. Im Fall einer Kontrolle übernimmt der Fonds das sogenannte erhöhte Beförderungsentgelt des jeweiligen Verkehrsbetriebs. Dieses Projekt sowie die Initiative „Facing Finance“ haben den „Panter Preis 2023“ der taz Panter Stiftung gewonnen. „Facing Finance“ ist ein Verein und prüft nach, ob die Banken ihre Versprechen zu Klimaschutz und Menschenrechten einhalten. Abgestimmt haben die Leserinnen und Leser der tageszeitung (taz). Die Preisträger wurden am 16. September 2023 geehrt und erhalten jeweils 5000 Euro.

TAZ.DE/!VN5958743
TAZ.DE/!VN5934180
TAZ.DE/!VN5934168

20 Jahre Wir-Gefühl bei der Bürgerstiftung Braunschweig

150 150 Stiftung Aktive Bürgerschaft

Mit einer Neuauflage ihres Bürgerbrunches und einer Festveranstaltung hat die Bürgerstiftung Braunschweig (Niedersachsen) am 17. und 18. September ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert. In ihren Gründungstagen mit einem Stiftungskapital von 150.000 Euro ausgestattet, gehört sie heute nach einer stetigen Wachstumsgeschichte zu den fünf kapitalstärksten Bürgerstiftungen Deutschlands. Die Feierlichkeiten standen unter der Überschrift „20 Jahre Wir-Gefühl“, denn, so der Vorstandsvorsitzende Günther Knorr: „Die Bürgerstiftung ist eine Mitmach-Stiftung und eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Nur durch das Engagement vieler Menschen konnten wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten so viel Gutes für Braunschweig bewirken.“ Alle Aktiven hätten gemeinsam 20 Millionen Euro Stiftungskapital aufgebaut, 1285 Projekte mit rund 8,5 Millionen Euro gefördert und 348.000 Stunden ehrenamtliches Engagement geleistet.

WWW.BUERGERSTIFTUNGBRAUNSCHWEIG.DE/BUERGERSTIFTUNG-BRAUNSCHWEIG/AKTUELLES/FEIERN-UND-BRUNCHEN
WWW.DER-LOEWE.INFO/EIN-AUSHAENGESCHILD-FUER-BRAUNSCHWEIG
WWW.BRAUNSCHWEIGER-ZEITUNG.DE/BRAUNSCHWEIG/ARTICLE239617979/BUERGERSTIFTUNG-BRAUNSCHWEIG-FEIERT-20-JAHRE-WIR-GEFUEHL.HTML (+)