Die Bürgerstiftung Jena Saale-Holzland setzt sich seit langem für Integration und Beteiligung ein, doch die Herausforderungen wachsen: In den Außenbezirken und den umliegenden Dörfern siegte bei der letzten Bundestagswahl die AfD. Die Bürgerstiftung engagierte sich im Vorfeld der Wahlen für demokratische Verständigung und entdeckte neue Möglichkeiten. Sie stieß jedoch auch an Grenzen.
Die Jenaerinnen und Jenaer singen gemeinsam, befreien zu Hunderten beim „SaalePUTZ“ das Ufer ihres Flusses von Müll und Unrat, engagieren sich beim Freiwilligentag, tauschen sich beim Vereinsforum aus und ersteigern „unbezahlbare Gelegenheiten“ für den guten Zweck. Das alles organisiert die Bürgerstiftung Jena Saale-Holzland. Sie betreibt eine Freiwilligenagentur und eine Online-Plattform, um Vereine und Engagierte zusammenzubringen. Mit vielen Freiwilligen bewirtschaftet sie eine Streuobstwiese. Die Bürgerstiftung versteht sich als Dreh- und Angelpunkt des Engagements in der Stadt und setzt alles daran, die Bürgerinnen und Bürger zusammenzubringen.
Podiumsdiskussion und Proteste
Das steckte auch hinter ihrem Bemühen, als sie 2024 im Vorfeld der thüringischen Kommunalwahlen eine Podiumsdiskussion mit Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Stadtparlament für Schülerinnen und Schüler anbot, um ihnen die Gepflogenheiten der Demokratie näherzubringen. Sie sei sehr gut besucht worden, berichtet die Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung, Barbara Albrethsen-Keck, die Schüler seien klassenweise gekommen. Alle Parteien seien eingeladen gewesen und bis auf den AfD-Vertreter auch gekommen. Vor der Bundestagswahl 2025 wollte die Bürgerstiftung die Podiumsdiskussion wiederholen. Diesmal sagte der AfD-Vertreter zu und prompt brach ein Proteststurm los. Die Amadeu Antonio Stiftung zog ihre Förderung für die Moderation der Veranstaltung zurück, antifaschistische Aktivisten kündigten an, die Veranstaltung zu blockieren, der Veranstaltungsraum wurde gekündigt. Innerhalb der Bürgerstiftung brach eine Kontroverse aus, denn eigentlich gibt es einen Beschluss, nicht mit der AfD zu sprechen, den viele durch die Veranstaltung verletzt sahen, mochte sie auch noch so neutral konzipiert sein. „Wir haben die Diskussion abgesagt“, sagt Albrethsen-Keck.
Nachgefragte Demokratie-Workshops
Dagegen stießen die Workshops zum Thema „Für eine wehrhafte Demokratie und Zivilgesellschaft“ auf ungeteilte Zustimmung. Sie schulten die Teilnehmenden darin, zu argumentieren, auf antidemokratische und rechtsextreme Äußerungen schlagfertig zu antworten, „damit so etwas nicht einfach im Raum stehen bleibt“, so Albrethsen-Keck. Aufgrund der Nachfrage bietet die Bürgerstiftung diese Workshops auch nach den Wahlen weiterhin an.
Unterschiedliche Resonanz bei neu eingebürgerten Jenaer Bürgern
Eine andere Überraschung war die geringe Beteiligung bei einer thematisch ähnlichen Veranstaltung, die sich an frisch eingebürgerte Jenaerinnen und Jenaer richtete. Eine Erklärung hat Albrethsen-Keck dafür nicht. „Wir bleiben dran“, verspricht sie. In anderen Formaten funktioniert das Engagement der Bürgerstiftung für Menschen mit Migrationshintergrund besser. Schon seit einigen Jahren organisiert sie Chancenpatenschaften von Jenaer Bürgerinnen und Bürger für Geflüchtete, und ein aktuelles Projekt vollzieht nun einen Rollenwechsel: Geflüchtete Menschen bieten selbst Workshops für die Bevölkerung an und integrieren sich so in die Reihen der Engagierten, die bei der Bürgerstiftung mitmachen.
Text: Gudrun Sonnenberg
Foto: Bürgerstiftung Jena Saale-Holzland
Der Beitrag ist Teil des Fokus Zusammenhalten der bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte Oktober 2025 der Stiftung Aktive Bürgerschaft.