Der Königsweg

Von der Rettungsaktion bis zur Vermögensverwaltung: Stiftungsfonds ermöglichen Engagement und die Bürgerstiftung kann dabei wachsen.

Stiftungsfonds sind Zustiftungen in das Grundstockkapital einer Bürgerstiftung. Für Stifterinnen und Stifter stellen sie ein attraktives Angebot dar: Mit minimalem Aufwand und Kosten können sie unter dem Dach und mithilfe der Bürgerstiftung ihre Projekte umsetzen und dem Fonds einen eigenen Namen oder Zweck geben. Die Bürgerstiftung profitiert wiederum vom Zuwachs beim Kapital. Fünf Beispiele:

Laupheimer Bürgerstiftung: Rettungsaktion mit Zulegung als Stiftungsfonds

Zwar sind 150.000 Euro viel Geld, doch die Kapitalerträge in dieser Größenordnung sind bescheiden, zumal in der Niedrigzinsphase. Das mussten die Vorstände der Stiftung zur Förderung des Museums für Christen und Juden in Laupheim feststellen. Sie war, wie der Name sagt, errichtet worden, um das Museum zu fördern, konnte jedoch diesem Zweck kaum noch nachkommen, weil die ohnehin zu niedrigen Erträge aus der Vermögensanlage von den Kosten für die Verwaltung der Stiftung aufgefressen wurden.

Die Lösung: Die Stiftung wurde als zweckgebundener Stiftungsfonds der Laupheimer Bürgerstiftung zugelegt. Dort war man vorbereitet, sagt ihr Vorstand Christian Striebel: „Wir hatten Stiftungsfonds nach einer Qualifizierung bei der Aktiven Bürgerschaft schon im Blick.“

Bis zur Überweisung des Kapitals zum Jahreswechsel 2022/23 an die Bürgerstiftung dauerte es ein Jahr – die Zulegung war auch für die Beteiligten im Regierungspräsidium und beim Finanzamt ein ungewohnter Prozess. Seither entfallen die Verwaltungskosten, und so können Projekte zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde in Laupheim weiter unterstützt werden. Involviert ist dabei weiterhin der Freundeskreis des Museums, ein seit Jahren aktiver Verein. Die Bürgerstiftung verwaltet das Vermögen, das sie zusammen mit dem Stiftungskapital der Bürgerstiftung anlegt. Insgesamt beträgt ihr Stiftungskapital jetzt rund 1,6 Millionen Euro. Die Bürgerstiftung will weitere Stiftungsfonds einwerben. Neben der Zulegung weiterer kleinerer Stiftungen sieht sie dabei vor allem beim Thema Erbschaften/Nachlässe Potenzial: „Über einen Stiftungsfonds kann der Erblasser in Abstimmung mit uns auch thematische Förderschwerpunkte setzen und so auch über seinen Tod hinaus noch Gutes in unserer Region bewirken.“

Bürgerstiftung Dresden: Vermögensaufbau als Schwerpunkt

Von den Community Foundations in den USA inspiriert, setzte die Bürgerstiftung Dresden schon Ende der 1990er-Jahre auf den Vermögensaufbau. Es habe ein paar Jahre gedauert, bis die Sache in Schwung kam, sagt Vorstandsmitglied Winfried Ripp. „Die erste Million ist immer die schwerste! Aber schließlich haben sich unsere Fonds herumgesprochen.“ Es begann ein enormes Wachstum. Immer mehr Stifterinnen und Stifter vertrauten der Bürgerstiftung ihre Stiftungen an. Heute hat sie ein Vermögen von mehr als 40 Millionen Euro. Drei Viertel davon sind Fremdkapital: Treuhandstiftungen, rechtsfähige Stiftungen – und auch 35 Stiftungsfonds mit zusammen rund 6,5 Millionen Euro Vermögen. „Je mehr Vermögen wir verwalten, desto bessere Konditionen bekommen wir bei der Anlage“, sagt Ripp. Die Bürgerstiftung ist mit 23 hauptamtlichen Mitarbeitenden entsprechend professionell aufgestellt, allerdings gehe die meiste Manpower in maßgeschneiderte Konzepte für Projekte, so Ripp.

„Die Stiftungsfonds sind optimal, denn es entstehen keine Verwaltungskosten“, findet er inzwischen. So fließt mehr Geld in die Verwirklichung der Stiftungszwecke. Die Bürgerstiftung wandele daher aktiv Treuhandstiftungen in Stiftungsfonds um, zehn Umwandlungen gab es bereits. Es hänge von der Aktivität der Stiftenden ab, was sinnvoll sei. Ripp nennt als Beispiel die Treuhandstiftung Musik in Sachsen mit dem prominenten Trompeter Ludwig Güttler: „Hier sind die Stifter sehr aktiv, die Gremien funktionieren. Da erübrigt sich die Nachfrage nach einer Umwandlung.“ Wenn dagegen die Stiftenden weniger Zeit investieren können, eigne sich ein Stiftungsfonds besser.

Bürgerstiftung Hellweg-Region: Treuhand versus Stiftungsfonds – Korrekturbedarf

Zwölf Stiftungsfonds und 17 Treuhandstiftungen: So sieht derzeit das Verhältnis bei der Bürgerstiftung Hellweg-Region aus. Die Bürgerstiftung würde es gerne noch weiter in Richtung Stiftungsfonds verschieben und Treuhandstiftungen in Stiftungsfonds umwandeln, um Notlagen aufgrund mangelnder Erträge und höherer Verwaltungskosten zu verhindern.

Als Knackpunkt hat sich bei der ersten Umwandlung das Abtreten der Entscheidungsbefugnisse an die Bürgerstiftung erwiesen, berichtet Stephanie Hackelsberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. Mit einem Gremium der Stiftenden, deren Vorschläge die Bürgerstiftung gerne berücksichtigt, ließen sich die Sorgen auflösen. „Das haben wir auch mit der Aufsichtsbehörde besprochen“, sagt Hackelsberger.

Neue Stiftungsfonds nimmt die Bürgerstiftung unter ihrem Dach auf, wenn mindestens 5000 Euro gestiftet und weitere Zuwendungen in Aussicht gestellt werden. Die Untergrenze für Treuhandstiftungen liegt bei 25.000 Euro, sie soll aber erhöht werden, um künftig ein stabileres Verhältnis von Kosten und Erträgen zu gewährleisten. Das Vermögen der Bürgerstiftung liegt bei neun Millionen Euro, fünf Millionen davon machen die Treuhandstiftungen aus, eine Million die Stiftungsfonds.

Stiftung Bürger für Leipzig: Der Stiftungsfonds ermöglicht einen Sprung

Die Stiftung Bürger für Leipzig, wie die Bürgerstiftung in Leipzig heißt, sieht zwar ihre Projektarbeit im Vordergrund und wirbt Spenden ein. Dennoch beschäftigt man sich auch hier mit Stiftungsfonds. „Wir haben in der Weiterbildung der Stiftung Aktive Bürgerschaft verstanden, dass wir dafür selbst aktiv werden müssen“, sagt die Geschäftsführende Vorständin der Bürgerstiftung, Angelika Kell.

Man erstellte Informationen für die Website, plante Veranstaltungen. Dann meldete sich das Ehepaar Prof. Berthold Schmid und Prof. Monika Meier- Schmid, das aus Baden-Württemberg nach Leipzig gezogen war und sich für Gesangstudierende engagieren wollte. Gut, dass die Bürgerstiftung sich schon vorbereitet hatte. So kann das Ehepaar sein Vorhaben seit Anfang 2023 mit seinem Stiftungsfonds „Schmid-Meier-Schmid-Stiftung ‚Singen‘“ unter dem Dach der Bürgerstiftung umsetzen. Der Fonds ist mit 200.000 Euro ausgestattet.

Das Vermögen der Bürgerstiftung ist durch den Stiftungsfonds auf rund eine halbe Million Euro angewachsen. Die neuen Stifter bringen sich mit dem Projekt „Musik unter vier Augen“, bei dem ehrenamtliche Musikerinnen und Musiker Wohnzimmerkonzerte im Betreuten Wohnen veranstalten, auch in die gemeinsame Arbeit in der Bürgerstiftung ein.

Bürgerstiftung Laichinger Alb: Teilverbrauchsfonds als Option

Ab einem Kapital von 25.000 Euro kann man bei der Bürgerstiftung Laichinger Alb einen Stiftungsfonds gründen. Vier aktive Fonds mit im Schnitt 50.000 Euro Kapital gibt es derzeit, darunter zwei regionale Stiftungsfonds für Gemeinden innerhalb des Einzugsgebiets. Manchmal arbeiten die Fonds auch zusammen: „Wenn zum Beispiel von einem der Fonds ein tolles Projekt an einer Schule gemacht wird, geben die anderen Fonds was dazu“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung, Ralf Schiffbauer. Jedoch seien die Stiftungsfonds in der Niedrigzinsphase nicht sehr attraktiv gewesen: „Wenn es keine Erträge gibt, müssen die Verantwortlichen des Fonds aktiv werden und Spenden einwerben, damit etwas passiert. Das ist natürlich ein Problem, wenn jemand sein Vermögen vererben und einen Gedächtnisfonds hinterlassen möchte.“

Die Bürgerstiftung hat deshalb 2020 in ihre Satzung die Option aufgenommen, Stiftungsfonds als Teilverbrauchsfonds zu gründen: Die Hälfte des Kapitals geht bleibend in das Vermögen der Bürgerstiftung über, die andere Hälfte wird innerhalb von zehn bis zwanzig Jahren verbraucht. „So hat der Fonds gleich eine ausschüttende Wirkung. Man muss nicht erst aus den Zinsen etwas ansparen, sondern kann direkt den Stiftungszweck umsetzen“, sagt Schiffbauer.

Die Errichtung des ersten Verbrauchsfonds steht noch aus, ist aber angekündigt: Es wird ein Gedächtnisfonds werden. Er ist bereits testamentarisch verfügt und notariell beglaubigt. Das Vermögen der Bürgerstiftung liegt derzeit insgesamt bei einer Million Euro.

Text: Gudrun Sonnenberg
Foto: Winfried Kurtzke

Der Beitrag ist im bürgerAktiv Magazin 2024/25 erschienen und Teil des Fokus Engagiert für die Zukunft – wie Bürgerstiftungen wachsen der bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte September 2024 der Stiftung Aktive Bürgerschaft.

, Ausgabe 259 September 2024, Fokus