„Ein Friedhof sollte kein trauriger Ort sein“

Einen Raum für Begegnungen und Gespräche zu schaffen, das war das Ziel einer Schülergruppe der Hannah-Arendt-Gesamtschule in Soest. Dafür wählten sie einen ungewöhnlichen Ort: das „Café Kränzchen“ auf dem Osthofenfriedhof – unser sozialgenial-Projekt des Monats Mai. Ein Café – ausgerechnet auf einem Friedhof? Nachdem eine Schülerin dort ein Praktikum gemacht hatte, kamen sie und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler im Religionskurs auf die Idee, ein Trauercafé zu eröffnen.

Eine wunderbare Koinzidenz, denn auch die Soesterin Martina Brennecke trug sich mit der Idee eines Friedhofscafés. Das „Café Kränzchen“ ist ihr Projekt, bei dem sie nun auf die Mithilfe der Jugendlichen zählen kann. Das Café hat sie im Rahmen ihrer Qualifizierung zur Senior-Trainerin entwickelt hat. Diese Qualifizierung zum Einstieg in bürgerschaftliches Engagement bieten der Kreis Soest, die Bürgerstiftung Hellweg-Region und die Volkshochschulen im Kreis Soest für Menschen ab 55 an, die ihre langjährige Lebens- und Berufserfahrung aktiv für andere einsetzen wollen – quasi Service Learning für Erwachsene.

Über die Stadt Soest kam der Kontakt zwischen den Schülern und der Senior-Trainerin zustande, die Eröffnung des Café Kränzchen im April wurde von den Schülern tatkräftig unterstützt. Sie haben mit Flyern Werbung gemacht, besorgten Blumen für die Tischdeko und schenkten Café aus, vor allem aber schafften sie eine Gelegenheit für Gespräche. „Auf dem Friedhof sind viele allein, weil sie ihren Partner verloren haben. Bei uns kann man neue Kontakte finden nach einer schwierigen Phase“, erläutert die Schülerin Natalie ihre Motivation und ergänzt: „Ein Friedhof sollte kein trauriger Ort sein.“

Alle zwei Wochen hat das Café mittwochs nachmittags geöffnet, bei schönem Wetter können die Gäste draußen sitzen, bei schlechtem Wetter werden sie in der kleinen Trauerhalle bewirtet. Die Schülerinnen und Schüler sorgen nicht nur dafür, dass Kaffee und Kuchen zu den Gästen kommen, sie sind auch für ein Schwätzchen zu haben und tragen für die Besucher bei Bedarf die schweren Gießkannen vom Wasserbecken bis zur Grabstelle. „Das Projekt hat einen supergroßen Mehrwert, weil man seine Fähigkeiten frei entfalten kann. Durch die Kontakte mit den älteren Menschen lernen wir unfassbar viel fürs Leben“, berichtet Lucy begeistert.

„Besser als normaler Unterricht“

Dass sich junge Menschen engagieren, führt in Soest zu äußerst positivem Feedback. Kein Wunder: In sozialgenial-Projekten engagieren sich Schülerinnen und Schüler für Themen, die ihnen wichtig sind, und lernen mit Praxisbezug, wie Lasse bestätigt: „Es ist besser als normaler Reli-Unterricht, weil wir hier selbst was gestalten können.“

Lasse, Lucy, Natalie und einige Mitschüler haben ihr Engagement für das Café Kränzchen im evangelischen Religionsunterricht entwickelt. Wobei das Café nicht das einzige Projekt in diesem Religionskurs ist: Die 24 Schülerinnen und Schüler haben jeweils einen bestimmten Kompetenzbereich, für den sie zuständig sind, es gibt parallel mehrere Engagementprojekte.

Schule: Hannah-Arendt-Gesamtschule | Schulform: Gesamtschule | Dauer: ein Schuljahr | Engagiert: 6 Schülerinnen und Schüler aus dem 12. Jahrgang | Partner: Stadt Soest | Im Stundenplan verankert als: Fachunterricht | Unterrichtsverknüpfung:  Evangelische Religionslehre | sozialgenial-Projekt des Monats:  Mai 2022

Großes Foto: Vanessa Moesch, Soester Anzeiger

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