Wer spendet, beweist innere Fitness? Das aus der Evolutionsbiologie stammende “Handicap-Prinzip” zieht die Juristin Birgit Weitemeyer heran, um den Nutzen uneigennützigen Handelns zu erklären: Nur kräftige, gesunde Pfauenmännchen können sich einen schillernden Schwanz leisten und die Nachteile bei Nahrungssuche und Angriffen kompensieren. “Auch der moderne Mensch zeigt zahlreiche Verhaltensweisen, die verlässliche Fitnessindikatoren, aber nur bedingt nützlich sind, wie gefährliche Sportarten, rasantes Autofahren und Drogen- und Alkoholexzesse”, schreibt Weitemeyer. Ihr Beitrag “Der Nutzen von steuerlicher Begünstigung von Spenden. Eine evolutionsbiologische Perspektive auf Privat- und Unternehmensspenden” ist im Forschungsjournal Soziale Bewegungen (Heft 1 – März 2011) erschienen. Wer auf Geld und Zeit verzichtet, erwirbt Sozialprestige: Neben Religion und Moralphilosophie könnte daher auch das Handicap-Prinzip zur Herausbildung altruistischen Verhaltens beigetragen haben, so die Autorin. Steuerliche Vergünstigungen hält sie vor diesem Hintergrund für sinnvoll – als Hinweis, dass altruistisches Verhalten gesellschaftlich erwünscht ist -, aber nicht nach der Maxime “je mehr desto besser”: “Im Gegenteil reduziert die staatliche finanzielle Förderung der Spende das Handicap und verringert damit den altruistischen Charakter der Spende. Eine Spende ist dann nur noch in geringerem Maße altruistisch und erbringt weniger Sozialprestige. Im Ergebnis entstehen für den öffentlichen Haushalt bei höherer Steuerabzugsfähigkeit nicht nur Kosten durch entgangene Steuern und Abgaben, sondern zusätzlich nimmt die Attraktivität des Spendens ab. Auch dieser auf den ersten Blick paradoxe Effekt ist bei der Gestaltung der steuerlichen Umgangs mit Spenden zu beachten.”
FJSB: Altruismus, erklärt mit dem Handicap-Prinzip
, Ausgabe 112 Mai 2011