Der neuste Engagementbericht der Bundesregierung bestätigt: Viele Menschen möchten sich freiwillig engagieren, die Bereitschaft ist ungebrochen. Aber sie haben Schwierigkeiten, genug Zeit zu finden. Diese Wahrnehmung, über die viele Engagierte berichten, wird von den Erhebungen der letzten Jahre bestätigt. Sie zeigen, wo es hapert und wie sich die Probleme auf das Engagement auswirken.
Menschen finden weniger Zeit, sich zu engagieren
2022 engagierten sich laut statistischem Bundesamt 36 Prozent der Bevölkerung ab zehn Jahren in Deutschland. Zehn Jahre zuvor waren es noch 40 Prozent. Der leichte Rückgang (immer noch ein Zuwachs gegenüber 1999) dürfte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, möglicherweise spielte im Befragungsjahr 2022 die Corona-Pandemie noch eine wichtige Rolle. Allerdings gab in der „Zeitverwendungserhebung“ des Statistischen Bundesamtes ein Drittel der Personen ab zehn Jahren an, zu wenig Zeit für ein Engagement zu haben, während es zehn Jahre zuvor nur rund 15 Prozent der Befragten waren. Diese Aussagen korrelieren mit der steigenden Erwerbstätigkeit, aber auch mit wachsenden Belastungen durch private Aufgaben wie der Pflege von Angehörigen. (Mehr zu den Statistiken siehe unten.)
Verpflichten ist schwierig
Die wissenschaftliche Kommission, die unter Leitung von Prof. Dr. Chantal Munsch den vierten Engagementbericht der Bundesregierung erstellte (er wurde im Dezember 2024 veröffentlicht), weist darauf hin, dass auch die rückläufige Zeitautonomie eine wichtige Rolle spielt, also ob man frei planen und Verpflichtungen eingehen kann, oder ob immer wieder unvorhersehbare Ereignisse die Planungen durchkreuzen und zeitliche Flexibilität gewahrt werden muss. Insbesondere wirkt sich das offenbar auf zeitintensive und regelmäßige Aufgaben aus, wie sie vor allem Leitungsfunktionen im Ehrenamt mit sich bringen. Die Folge sei, berichtet die Kommission im Engagementbericht aus Anhörungen, dass Menschen ihr Engagement frühzeitig wieder beendeten – teils auch frustriert, weil für die Tätigkeiten, die sie sich vorgestellt hatten, zu wenig Zeit blieb. Zeitraubend seien unter anderem bürokratischer Aufwand, die Suche nach hauptamtlichen Kräften und Schulungen, um ihn zu bewältigen.
Flexibilität ist Trumpf
Der letzte Freiwilligensurvey mit Zahlen aus 2019 bestätigte den Trend, dass zeitintensives und regelmäßiges Engagement rückläufig ist. Was offenbar leichter fällt, ist punktuelles, in größeren Abständen anfallenden Engagement: Laut Freiwilligensurvey ist der Anteil von Personen, die sich zwei Stunden oder weniger pro Woche engagieren, von 50 auf 60 Prozent gestiegen. Der ZiviZ-Survey 2023 zeigt, dass sich Mitgliedschaft und Engagement in einer Organisation offenbar entkoppeln: Der Anteil der Organisationen, deren freiwillig Engagierte auch Mitglied waren, sank zwischen 2012 und 2022 von 75 auf 66 Prozent.
Herkunft der Zahlen: Die Statistiken
Abgesehen von kleineren Einzelstudien findet man die ausführlichste Statistik über freiwillige Engagierte in Deutschland im Freiwilligensurvey. Seine Daten werden alle fünf Jahre erhoben. Im zuletzt veröffentlichten Freiwilligensurvey, den das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) erstellte, stammen die Zahlen aus dem Jahr 2019. Zum Freiwilligensurvey
Die Bundesregierung veröffentlicht in jeder Legislaturperiode einen Engagementbericht, zuletzt im Dezember 2024. Er wird von einer Sachverständigenkommission erstellt, die bereits vorhandene Daten (darunter den Freiwilligensurvey) auswertet, weitere Daten erhebt und Anhörungen durchführt. Zum Engagementbericht
Das Statistische Bundesamt führt alle zehn Jahre eine Befragung zur Zeitverwendung durch, die auch Daten zum ehrenamtlichen Engagement enthält. Zum Statistischen Bundesamt
Thinktank Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) im Stifterverband befragt alle vier bis fünf Jahre zivilgesellschaftliche Organisationen und veröffentlicht die Ergebnisse als ZiviZ Survey, zuletzt 2023. Zum ZiviZ Survey
Text: Gudrun Sonnenberg
Foto: Alexander Schimmeck / unsplash.com
Dieser Beitrag ist Teil des Fokus Ehrenamt trotz knapper Zeit der bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte Januar 2025 der Stiftung Aktive Bürgerschaft.