Kommentar: Ach, Europa…

von Stefan Nährlich

Da hat im Jahr 2007 ein Spender in Deutschland einer gemeinnützigen Stiftung in Spanien einen größeren Geldbetrag gespendet. Dann hat er die 15.000 EUR bei seinem Finanzamt angegeben und wollte sie steuermindernd geltend machen. Im vereinten Europa eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man denken! Aber so denken nur Laien. Der Fachmann hat wahrscheinlich schon beim ersten Satz gelacht.

Denn das örtliche Finanzamt hat den Spendenabzug abgelehnt. Der Spender klagte dagegen, der Bundesfinanzhof gab aber dem Finanzamt Recht. Die vom Spender und späteren Kläger vorgelegte Spendenbescheinigung der spanischen Stiftung orientierte sich nämlich (nur) am spanischen Recht und enthielt nicht alle nach deutschem Recht notwendigen Bestandteile einer steuermindernden Zuwendungsbestätigung. Konkret störten sich die Finanzbehörden an der fehlenden Bestätigung, dass die Mittel nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet würden. Die Finanzbehörden verlangten daher vom Kläger, er möge Unterlagen vorlegen, die eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung der spanischen Stiftung ermöglichten.

Der Kläger reichte weitere Unterlagen ein. Die Urteilsbegründung des Bundesfinanzhofs listet auf: den „Beleg über die Eintragung der Stiftung ins Stiftungsregister der Balearen mit deutscher Übersetzung, den Anerkennungsbescheid der Balearen-Regierung ohne deutsche Übersetzung, die Satzung der Stiftung, die Satzung der Stiftung mit deutscher Übersetzung, eine Stellungnahme der die spanische Stiftung betreuenden Rechtsanwältin, die spanische Körperschaftsteuererklärung, die Bilanz der Stiftung mit teilweiser deutscher Übersetzung sowie die Gewinn- und Verlustrechnung der Stiftung.“ Hat es etwas genutzt? Nein, denn Finanzamt und Finanzgericht wollten die von der Stiftung bei der spanischen Stiftungsbehörde einzureichenden Jahres- und Rechenschaftsberichte sehen. Den konnte der Kläger jedoch nicht beibringen. Auch in Deutschland müssen die Stiftungen ihre Berichte nicht herausgeben, sondern lediglich an die Aufsichtsbehörden schicken. Diese aber geben sie wiederum auch nicht an Dritte heraus.

Nun ist die EU eigentlich nicht dafür bekannt, unter Regulierungsschwäche zu leiden. Aber hier zeigt sie sich hartnäckig und begründet das womöglich noch mit Bürokratievermeidung. Dabei ist der bürokratische Aufwand nur verlagert, nämlich auf den Spender und die spanische Stiftung, die allerlei Dokumente kopierten, übersetzen, hin- und her schickten.

Die Argumentation der Finanzbehörden, dass erst die „ordnungsgemäße Erfüllung der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen die Grundlage dafür schafft, dass ein anderer Staat auf seinen Steueranspruch verzichtet“ ist natürlich in sich richtig. Doch gerade deshalb ist die EU gefragt: Sie sollte dafür sorgen, dass das für Stifter und Spender ohne viel Aufwand möglich ist. Es ist höchste Zeit, denn nach Angaben des gemeinnützigen Netzwerkes „Transnational Giving Europe“ steigt die Zahl der Menschen, die ins Ausland spenden, kontinuierlich an. Und ist es nicht auch so gedacht, das Zusammenwachsen der Menschen in Europa?

Der Laie hätte es jedenfalls gern.

Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 156 – Mai 2015 vom 29.05.2015

Allgemein