von Rudolf Speth
Der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ des Deutschen Bundestags wird von nun an, wie grundsätzlich alle Ausschüsse, wieder hinter verschlossenen Türen arbeiten. Damit hat sich die CDU/CSU-Fraktion durchgesetzt, denn in der vergangenen Legislaturperiode tagte der Unterausschuss in der Regel öffentlich. Wer wollte, konnte hingehen und die Diskussionen der Abgeordneten zu zivilgesellschaftlichen Themen verfolgen. Diese Öffentlichkeit begründete sich mit dem wichtigsten Prinzip der Zivilgesellschaft: Transparenz. Wenn der Deutsche Bundestag über die Angelegenheiten der Zivilgesellschaft beriet, dann sollte dies entsprechend dem zivilgesellschaftlichen Geist und seinen Grundsätzen geschehen. Die Sitzungen öffentlich abzuhalten, war zudem Ausdruck eines langen Kampfes gegen die Praxis geheimer Politik und Verwaltung.
Noch heute nämlich ist die Verwaltung durchdrungen vom Rechtsprinzip eines umfassenden Amtsgeheimnisses, für das es in Deutschland eine sehr prägende Tradition gibt. Es drückt sich darin aus, dass Verwaltungshandeln abseits öffentlicher Aufmerksamkeit erfolgt. Auch der politische Prozess selbst ist vielfach nicht öffentlich. Hierzu gibt es zahlreiche Regelungen, die von Sperrfristen für Archivbestände bis hin zur Festlegung von nichtöffentlichen Sitzungen von Ausschüssen, Kabinetten, Fraktionssitzungen und Kommissionen reichen. Dass die CDU/CSU-Fraktion jetzt den Bereich der Nichtöffentlichkeit von Politik wieder ausweitet, widerspricht fundamental den Prinzipien der Demokratie.
Befürworter der Einschränkung demokratischer Öffentlichkeit begründen diese mit pragmatischen Argumenten und Hinweisen auf die Effizienz von Politik: Geheime Ausschusssitzungen brächten bessere Ergebnisse, weil dann niemand in die Versuchung gerate, „Fensterreden“ für die Medien zu halten. Zudem lasse sich abseits der Öffentlichkeit besser verhandeln. Politik brauche also ein Quantum Nichtöffentlichkeit. Darüber hinaus verweist man darauf, dass die Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages öffentlich sind.
Der Blick auf andere Länder verrät indes, dass weniger Geheimhaltung nicht schädlich ist. Vielmehr offenbart sich bei den Verteidigern nichtöffentlicher Politik, dass sie die Tradition obrigkeitsstaatlicher Kultur fortsetzen wollen. Und dies ganz im Sinne von Bismarck, der empfahl: „Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie.“ Wer heute die Öffentlichkeit fernhält, will Ruhe und zeigt, dass er Partizipation, die wichtigste zivilgesellschaftliche Tugend, für schädlich hält. Ein geheim tagender Unterausschuss mit dem Namen „Bürgerschaftliches Engagement“ sollte lieber seine Arbeit einstellen und sich auflösen.
Kommentar von Dr. Rudolf Speth für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 145 – Mai 2014 vom 28.05.2014