von Stefan Nährlich
Gemeinsam haben die Körber Stiftung und das Projekt “Zivilgesellschaft in Zahlen” (ZiviZ) im Januar eine Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys von 2012 zur Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland vorgelegt. Darin schreiben die Autoren, die Diskussion über die Finanzierung der organisierten Zivilgesellschaft sei ein Dauerthema, dennoch hielten sich “hartnäckig Vorurteile”. Auch stehe die “Quantität guter Ratschläge, wie Finanzierungsprobleme der Zivilgesellschaft zu lösen seien”, in einem “unglücklichen Verhältnis zu empirisch gehaltvollen Untersuchungen”. Und weiter: “Die vorliegende Sonderauswertung des ZiviZ-Survey 2012 möchte dies ändern.” Ist den Autoren das gelungen? Leider nein. Das liegt aber nicht an fehlender Kompetenz der Autoren, sondern an den Grenzen solcher Umfragen und der Zivilgesellschaftsforschung in Deutschland.
Insgesamt erfährt man in der Studie wenig Neues, dafür aber Einiges, was die Autoren anders sehen als die Forscher vor ihnen, namentlich jene, die die deutsche Teilstudie des internationalen Johns Hopkins Comparative Nonprofit Sector Projects verfassten. Diese stellten seinerzeit, in den 1990er Jahren, unter anderem die These auf, dass die Finanzierung der Zivilgesellschaft in Deutschland staatslastig sei. Die Autoren der ZiviZ-Studie sehen das anders. Die Wahrheit oder wohl besser die Wahrheiten liegen jedoch im Blickwinkel des Betrachters. Jede Studie geht von Thesen aus, die ihre Auswertung der Daten leitet. Jede Studie enthält ein Forschungs- und Erkenntnisinteresse; meistens ein anderes, als die Studie der Kollegen davor. Und obwohl sich die Verfasser in der Regel um eine gewisse Anschlussfähigkeit zu anderen Untersuchungen bemühen, kann man sich als Leser und potentieller Nutzer solcher Studien vor allem auf eines verlassen: Vergleichbar sind die Daten nie. Und genau hier liegt ein zentrales Problem.
Wie viel methodische Differenz, wie viel gesellschaftlicher Wandel, wie viel unterschiedliches Erkenntnisinteresse in den Daten der verschiedenen Untersuchungen und Umfragen steckt, man weiß es nicht. Ein Defizit, das die Träger von ZiviZ auch sahen. Im Jahr 2008 traten die Bertelsmann Stiftung, die Fritz Thyssen Stiftung und der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft genau deshalb an: Sie wollten, zusammen mit dem Statistischen Bundesamt, gesicherte Daten über die Entwicklung des Spendens, Stiftens und bürgerschaftlichen Engagements als Teil der amtlichen Statistik etablieren.
Leider konnte sich die Politik nicht dazu durchringen, dem Statistischen Bundesamt den hierfür nötigen Auftrag zu erteilen und entsprechende Mittel bereitzustellen. Für vergleichbare Daten der Entwicklung bürgerschaftlichen Engagements und gemeinnütziger Organisationen zu sorgen, diese zeitnah und offen für die Analyse durch Wissenschaft und Praxis bereitzustellen, hätte jedoch ein wichtiger Baustein der Engagementpolitik sein können. Jetzt macht ZiviZ nach sechs Jahren “Projekt” als “auf Dauer angelegte Geschäftsstelle” im Stifterverband weiter. In 2016 soll der Survey von 2012 wiederholt werden. Hoffentlich ist ZiviZ mehr Dauerhaftigkeit als dem Internationalen Johns Hopkins Project beschieden. Die schafften seinerzeit auch eine zweite Erhebungsrunde, eine dritte Erhebung ließ sich nicht mehr finanzieren.
Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 153 – Februar 2015 vom 27.02.2015