Kommentar: Unternehmensstiftungen – Förderer der Bürgergesellschaft?

von Holger Backhaus-Maul

Unternehmensstiftungen gibt es mittlerweile viele in Deutschland: Bertelsmann-, Bosch-, Körber-, Mercator-, Schader-Stiftung – um nur einige bekannte zu nennen. Alle reklamieren für sich, dem Gemeinwohl zu dienen und in die Bürgergesellschaft zu investieren. Staatlicherseits werden sie dafür steuerlich und rechtlich begünstigt. Aber Unternehmensstiftungen haben es – wie andere Stiftungen zurzeit auch – nicht leicht: Ihr Stiftungskapital verzeichnet ein latentes „Nullwachstum“ und die Möglichkeiten, in das Gemeinwohl und die Bürgergesellschaft zu investieren, schwinden. Gleichzeitig sollte aber nicht übersehen werden, dass einige der namhaften Unternehmensstiftungen zunächst und vor allem Eigentümer ihrer Unternehmen sind, deren Bestand sie mit beachtlichem Erfolg sichern.

Die größte der deutschen Unternehmensstiftungen, die Robert Bosch Stiftung, hat jetzt – wie andere Unternehmensstiftungen bereits vor ihr – aufgeholt und soeben in Berliner 1a-Lage ihre Robert Bosch Academy eröffnet. Hier treffen sich einflussreiche Entscheider und Gestalter. Und die Unternehmensstiftung kann hoffen, dass auf sie etwas vom Glanz Prominenter fällt, was wiederum verspricht, ihren politischen Einfluss zu erleichtern und zu mehren.

Die führenden deutschen Unternehmensstiftungen sind sich in ihrem Selbstverständnis sowie ihren Themensetzungen und Arbeitsweisen in den vergangenen Jahren zusehends ähnlicher geworden. Jetzt scheint es nur noch um Lückenschluss zu gehen – hier noch eine Hauptstadtrepräsentanz, dort noch eine Akademie oder eine Auslandsvertretung. Politische Repräsentation und Lobbying eben.

Und was wird aus der Förderung der Bürgergesellschaft, auf die alle Unternehmensstiftungen immer wieder verweisen? „Wir sind ein Element der Zivilgesellschaft“, sagte die Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung bei der Eröffnung ihrer Akademie. „Wir können als Stiftung völlig frei von äußeren Einflüssen unsere Themen wählen, die Akteure aussuchen, die Prozesse bestimmen.“ Tatsächlich können Unternehmensstiftungen – ohne sich gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen stellen zu müssen – mit eigenen Programmen und eigenem Personal ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Ziele verfolgen. Aber machen deutsche Unternehmensstiftungen im Prozess ihrer Angleichung überhaupt von ihrer pluralistischen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit in Sachen Bürgergesellschaft Gebrauch? Fördern sie tatsächlich die Strukturen der Bürgergesellschaft, ihre Organisationen und ihre öffentliche Engagementinfrastruktur? – Oder begnügen sie sich mit der Würdigung engagierter Einzelbürger und der Belobigung zarter Best-Practice-Beispiele? Falls ja, wäre das gesellschaftspolitisch bedenklich. Denn wären deutsche Unternehmensstiftungen in der Förderung der organisierten Bürgergesellschaft tatsächlich derart enthaltsam und unambitioniert, dann wäre die Bürgergesellschaft zur schlichten Legitimationsformel verkommen.

Kommentar von Holger Backhaus-Maul für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 146 – Juni 2014 vom 30.06.2014

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