Kommentar: Welches Potenzial haben Social Impact Bonds?

von Stefan Nährlich

Zum ersten Mal in Deutschland ist in Augsburg ein sogenannter Social Impact Bonds (SIB) erfolgreich umgesetzt worden. Das funktioniert so: Gemeinnützige Investoren finanzieren ein Projekt vor und erhalten sowohl ihre Investition als auch eine zusätzliche Rendite zurück – wenn das Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Sozial investieren: Entgegen der in den letzten Jahren häufig umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs trifft er hier zu. Es handelt sich nicht um eine Spende mit sozialer Rendite, sondern die eingesetzten finanziellen Mittel fließen mit der ebenfalls finanziellen Rendite an die Geldgeber zurück.

Die gemeinnützigen Geldgeber in Augsburg waren drei rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts und eine gemeinnützige GmbH. Sie finanzierten mit einem Darlehen verschiedene gemeinnützige Organisationen, die mit der operativen Umsetzung des SIB betraut waren. Im konkreten Fall ging es darum, benachteiligte Jugendliche in Ausbildung oder Arbeit zu bringen. Zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtete sich die öffentliche Hand, in dem Fall das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS). Ihre Bedingung war, dass von neutraler dritter Seite bestätigt wurde, dass die vereinbarten Ziele in der operativen Umsetzung erreicht wurden – was auch geschah.

So weit, so gut. Besitzen SIBs aber auch ein Potenzial über den erfolgreichen Einzelfall hinaus? Drei Fragen:

1. Funktionieren SIBs auch über Pilotprojekte hinaus?
Ist die „intensive und individuelle Betreuung jedes Teilnehmers“, von der in der Darstellung der Projektergebnisse in Augsburg zu lesen ist, Ausdruck eines Ansatzes, der nur im Einzel- und Sonderfall eines Pilotprojektes möglich ist, oder lässt sich der Erfolg auch unter den Alltagsbedingungen sozialer Projekte regelmäßig wiederholen? Gemeint ist die Frage, ob SIBs generell ein besseres Anreiz- und Arbeitssystem für erfolgreichere Problemlösungen schaffen oder nur in Einzelfällen zu besseren Ergebnissen führen.

2. Mobilisieren SIBs zusätzliche finanzielle Ressourcen?
Wenn die Jugendlichen “tendenziell nicht oder nicht mehr durch (herkömmliche) Angebote erreicht werden“, wie es in der Projektbeschreibung heißt: Ist das die Folge fehlender Kompetenzen der bisherigen Projektträger und Verantwortlichen? Oder werden die finanziellen und personellen Ressourcen der öffentlichen Hand (nur) nach anderen Prioritäten eingesetzt? SIBs mobilisieren kein zusätzliches Geld für den Sozialstaat. Im besten Fall verläuft das Projekt wie erhofft. Dann lässt sich mit den Mitteln, die dem Sozialstaat zur Verfügung stehen, eine bessere Lösung sozialer Probleme erreichen. Im schlechtesten Fall jedoch führt „Pay for Success“, wie es im Text bezeichnet wird, zur Risikoverlagerung. Der Staat spart zunächst Geld, weil die gemeinnützig vorfinanzierten Projektträger versagen; die privaten Geldgeber bleiben auf ihren Kosten sitzen. Doch was wird mit den Jugendlichen? Gerät nicht am Ende doch wieder der Staat in die Pflicht?

3. Können SIBs eine attraktive Anlageoption sein?
Nennenswerte Renditen am Kapitalmarkt können in Niedrigzinszeiten nicht mehr so einfach erwirtschaftet werden. Zudem ist das Risiko von Verlusten gestiegen, was insbesondere für Stiftungen ein Problem darstellt, da sie ihr Vermögen erhalten müssen. Nicht umsonst hat das Thema mission investing an Beachtung gewonnen. Der Ansatz dahinter: bereits mit dem Einsatz des Kapitals zur Erfüllung der Stiftungszwecke beitragen. Insofern sind SIBs durchaus interessant. Wie aber sind Risiko und Rendite zu beurteilen? Das Risiko eines Kapitalverlustes bei einem Darlehensausfall ist generell größer als bei der Anlage z.B. in Aktien. Hier lässt sich das Risiko streuen und Wertschwankungen auf lange Sicht ausgleichen. Die Renditen sind auch aktuell zumindest nicht schlechter.

Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 172 – Oktober 2016 vom 31.10.2016

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