Mit dem Einfluss von Unternehmen auf soziale Bewegungen hat sich im September 2015 die Tagung “Wenn Konzerne den Protest managen” an der Humboldt-Universität zu Berlin befasst. Sie fand im Rahmen der Linken Medienakademie LiMA15 statt. Dabei ging es um die These, dass zunehmend Unternehmen soziale Bewegungen steuern würden – im Englischen “Astroturf-Lobbying” genannt. Als Beispiel genannt wurde ein Verein, der über personelle und finanzielle Verbindungen mit einer Tochter der Energiekonzerns RWE verbunden ist, aber offiziell als Bürgerinitiative agiert. Teilnehmer der Tagung kritisierten, dass sich Unternehmen die gesellschaftliche Legitimation sozialer Bewegungen zunutze machen, um dort dann verdeckt die öffentliche Meinung zu beeinflussen und eigene Interessen durchzusetzen. Gegenüber bürgerAktiv erklärte der Lobbying-Forscher Dr. Rudolf Speth, dass sich in der Tat auch in Deutschland verschiedene Formen des direkten Lobbyings entwickelten, weil Unternehmen heute ihre Interessenspolitik weniger über die Wirtschaftsverbände betrieben als früher. Dabei handele es sich aber nicht um gesteuerte Bürgerinitiativen, sondern um verdeckte Öffentlichkeitsarbeit. Diese bediene sich zwar zivilgesellschaftlicher Elemente (etwa eines Verein als Organisationsform oder dem Fingieren von Bürgermeinung); aber von einer Steuerung der Zivilgesellschaft könne nicht die Rede sein, so Speth. Im Frühjahr 2016 soll ein Tagungsband erscheinen.
Tagung: Konzerne und soziale Bewegungen
, Ausgabe 161 Oktober 2015