Ein Bürokratiefehler ist nicht von einem echten Verstoß gegen Gemeinnützigkeitsregeln zu unterscheiden und die Datensätze sind löchrig: Das Zuwendungsempfängerregister ist unfertig und zu früh an den Start gegangen. Es kann die erwünschte Transparenz und Sicherheit noch nicht bieten. Wenn es nicht rechtzeitig nachgebessert wird, könnte es Vertrauen zerstören und Schaden anrichten. Ein Blick auf die Tücken im Detail.
Von Stefan Nährlich
Im Januar 2024 ist das Zuwendungsempfängerregister (ZER) an den Start gegangen. Sinn und Zweck ist es, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Fördermittelgebern eine einfache und unkomplizierte Möglichkeit zu geben, sich über den Gemeinnützigkeitsstatus von Organisationen zu informieren. Das ZER soll Sicherheit und Transparenz schaffen und so privaten und institutionellen Fördermittelgebern helfen, die Organisationen zu identifizieren, bei denen sie sich konkret engagieren möchten.
Leider stiftet das ZER gegenwärtig vor allem Verwirrung und sorgt unter gemeinnützigen Organisationen auch nicht gerade für Begeisterung. Mehr Transparenz und Sicherheit habe ich mir anders vorgestellt.
Unvollständige Datensätze
„Das Zuwendungsempfängerregister hat keine konstitutive Wirkung. Dies bedeutet, ein Fehlen von berechtigten Organisationen oder das Fehlen von einzelnen Daten zu berechtigten Organisationen im Zuwendungsempfängerregister hat keine Auswirkung auf den durch die Finanzämter festgestellten gemeinnützigkeitsrechtlichen Status bzw. den Status als Zuwendungsempfänger der Organisation.“ Das steht seit einiger Zeit deutlich auf der Webseite vor der ZER-Suchmaske.
Die Datensätze im ZER sind aktuell noch so löchrig und unvollständig, dass man meiner Ansicht nach das Register nicht im Januar 2024 hätte online gehen lassen dürfen. Leider stand es aber anders im Jahressteuergesetz 2020 und auch Bundesministerien und -ämter leiden unter dem Mangel an IT-Fachkräften und an sich verändernden Prioritäten.
Fehlende Unterscheidung zwischen Bürokratiefehler und echtem Problem
Durch eine aktuelle Beratung bin ich auf ein weiteres Problem aufmerksam geworden. Einer Bürgerstiftung war vom örtlichen Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, weil die Körperschaftssteuererklärung durch das Steuerberatungsbüro nicht fristgerecht abgegeben wurde. Das ist kein Einzelfall und betrifft nicht nur Bürgerstiftungen oder Stiftungen, sondern alle gemeinnützigen Körperschaften. Es kommt dem Vernehmen nach auch nicht nur selten vor. Die Folge ist, dass die Finanzämter mit einem Bescheid den Vereinen oder Stiftungen die Gemeinnützigkeit entziehen. Danach hat man einen Monat Zeit, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Ist sonst alles mit der Gemeinnützigkeit in Ordnung, wird nach der Einreichung der Körperschaftssteuererklärung innerhalb der Monatsfrist der vormalige Bescheid aufgehoben und der Status der Steuerbegünstigung der betroffenen Körperschaft ist dauerhaft intakt geblieben. Im Grunde also kein Problem.
Doch mit Einführung des ZER wissen nicht nur das zuständige Finanzamt und die betroffene gemeinnützige Organisation von dem kleinen Missgeschick, sondern es wird für alle öffentlich, die in der Zeit das ZER nutzen. Im ZER sollen – sobald es funktioniert –tagesaktuell die Finanzamtsdaten abgeglichen und veröffentlicht werden.
Es ist aber ein Unterschied, ob die Gemeinnützigkeit wegen eines formalen Fehlers entzogen wird oder weil gegen inhaltliche Kriterien des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen wurde, beispielsweise durch eine Mittelfehlverwendung.
Der Gesetzgeber sollte das ZER schnellstens nachbessern, bevor ein richtiges und wichtiges Vorhaben durch Mängel in der Umsetzung Schaden anrichtet und Vertrauen in gemeinnützige Organisationen beschädigt wird.
Dr. Stefan Nährlich ist Geschäftsführer und Mitglied des Vorstands der Stiftung Aktive Bürgerschaft.
Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichten für Engagierte, Ausgabe 254 – April 2024 vom 30.04.2024