Russland: Informationen zum freiwilligen Engagement

Das Centre européen du volontariat (CEV) in Brüssel veröffentlichte am 30.07.2010 neue Zahlen und Fakten zu freiwilligem Engagement in Russland. Rund fünf Prozent der russischen Bevölkerung, etwa acht Millionen Menschen, engagierten sich freiwillig in zivilgesellschaftlichen Organisationen. Rund vier Prozent seien in Parteien, Gewerkschaften, öffentlichen oder religiösen Organisationen aktiv und ein bis zwei Prozent in Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Bürgerschaftliches Engagement, aber auch das Mitarbeiterengagement in Unternehmen, wird dem Autor Ivan Ginga zufolge seit 2006 ein zunehmend wichtigeres Betätigungsfeld. Die Publikation, die im Rahmen der Serie “Facts and Figures on Volunteering in Europe” erscheint, schildert die Entwicklung freiwilligen Engagements in Russland seit dem 18. Jahrhundert und beschreibt Grundzüge der Infrastruktur für Bürgerengagement in der russischen Föderation.
Die von der Friedrich Ebert Stiftung im April 2010 veröffentlichte Studie “Zivilgesellschaft und bürgerschaftliches Engagement in Russland” nennt nach Einschätzung von russischen Experten eine Engagementquote von 0,5-1 Prozent als Schätzwert. Die offiziellen Zahlen, die für das Jahr 2009 rund 23 Prozent der russischen Bevölkerung als früher oder gegenwärtig an NGOs beteiligt angaben, seien zu hoch gegriffen. “Die russischen Bürgerinnen und Bürger sehen kaum Gestaltungsmöglichkeiten durch bürgerschaftliches Engagement, ihre Motivation hierzu ist in der Folge gering. Informelles Engagement, z. B. in Form von Nachbarschaftshilfe, findet sich jedoch häufig”, so die Autorinnen Susanne Lang, Alexandra Härtel und Michael Bürsch. Statt einer radikalen Oppositionsstrategie habe sich die organisierte Zivilgesellschaft zur kritischen Kooperation mit der Staatsmacht entschlossen, was die Einsetzung des Rates für Menschenrechte und Entwicklung der Zivilgesellschaft beim russischen Präsidenten 2004 gezeigt habe. Die Ratsvorsitzende Ella Pamfilowa trat am 30.07.2010 von ihrem Amt zurück, einen Tag, nachdem das umstrittene Gesetzes zur Ausweitung der Macht des Inlandsgeheimdienstes FSB rechtskräftig geworden war.

, Ausgabe 104 August 2010