Der politisch aktive Bürger ist suspekt, der sozial engagierte Bürger willkommen. Das sagt die Studie “Das Bürgerbild in politischen Reden” der Universität Koblenz-Landau und des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache. Um herauszufinden, was für ein Bild sich Politiker von Bürgern machen, wurden zehn Reden von Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Joachim Gauck, dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel sowie von drei Bundesministern aus den Jahren 2010 und 2011 untersucht. Die Analyse zeige, so die Autoren, dass der Bürger in den Augen der Politiker häufig als unmündiger Mensch vorkomme, der “mitgenommen” oder “abgeholt” werden wolle. Die Bürger dürfen sich gerne um das Soziale kümmern, jedoch nicht frei und selbstbestimmt. Willkommen, respektiert und geachtet ist, wer sich im Rahmen eines fremdbestimmten ehrenamtlichen Engagements betätigt, so die Studie. Die Vorstellung der Politiker vom Bürger sei diffus, weil der Begriff “Bürger” heute selten ein herausragendes Merkmal zu haben scheine. “Mensch” und “Bürger” würden in Politikerreden fast immer synonym gebraucht, so die Autoren, oft nur um den Ausdruck “Menschen” nicht zu wiederholen und das Publikum nicht zu langweilen.
Vom Souverän zum Bürgermenschen fürs Soziale
, Ausgabe 118 November-Dezember 2011, Recht & Politik