Die Ampelregierung hat für den Bereich der Engagementpolitik einen guten Koalitionsvertrag vorgelegt. Jetzt muss er auch gut umgesetzt werden. Die erste Gelegenheit bietet sich, wenn die Ausschüsse eingesetzt werden. Dann sollte es einen Vollausschuss Bürgerengagement geben, meint Stefan Nährlich von der Stiftung Aktive Bürgerschaft.
Von Stefan Nährlich (Stiftung Aktive Bürgerschaft)
Die Parteien der Ampelkoalition haben am 7. Dezember 2021 ihren Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ unterzeichnet. Die Vorhaben im Bereich der Engagementpolitik sind durchaus ambitioniert, auch ambitionierter als bei früheren Regierungen.
“Staatliches Handeln”, so heißt es auf Seite acht des 177-seitigen Werkes, “soll schneller und effektiver werden und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Innovationsprozesse befördern und einbinden.” Außerdem wolle man “eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren, die auch aus der Kraft der Zivilgesellschaft heraus gespeist wird.” Als Stiftung Aktive Bürgerschaft begrüßen wir dies sehr, denn gesellschaftliche Innovationsprozessen zu befördern, ist auch unser Anliegen. Unser Motto „Gutes besser tun“ bedeutet für uns konkret: “Wir machen innovative Engagementkonzepte praxistauglich und setzen sie mit Partnern um.” Bürgerstiftungen und Service Learning sind dabei unsere Kernthemen seit vielen Jahren.
Wie eine Engagementpolitik konkret aussehen kann, die gesellschaftliche Innovationsprozesse befördert und die Kraft der Zivilgesellschaft nutzt, haben wir in unseren Vorschlägen für ein Modernisierungs- und Zukunftsprogramm Zivilgesellschaft beschrieben. Tatsächlich finden sich mehrere Punkte auch im Koalitionsvertrag wieder.
Dort heißt es beispielsweise: “Wir wollen (…) das Ehrenamt von Bürokratie (…) entlasten.” Das ist tatsächlich dringend notwendig. Es stand auch bereits auf der Agenda der letzten Bundesregierung, die jedoch nichts unternommen hat. Wir erwarten nun Maßnahmen, die über kosmetische Korrekturen hinausgehen. Konkrete Vorschläge aus der Zivilgesellschaft liegen vor und waren bereits Gegenstand einer Anhörung im Familienausschuss.
Ein weiterer Punkt betrifft das liebe Geld. “Wir werden die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt in ihrem Förderauftrag stärken und ihre Mittel erhöhen”, heißt es im Koalitionsvertrag. Richtig so, und dabei bitte gleichzeitig die Förderwege entbürokratisieren und modernisieren. Es kann nicht sein, dass für den Mittelabruf alle sechs Wochen ein Formular ausgedruckt, von Vorstand zu Vorstand geschickt und unterschrieben werden und per Post nach Neustrelitz geschickt werden muss. Und noch ein Anliegen: Bitte die unabhängige wissenschaftliche Engagementforschung stärker fördern!
Die engagementpolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sind oft gut und richtig. Es muss aber auch geliefert werden, wie es so schön heißt. Die erste Gelegenheit dazu haben die neuen Regierungsfraktionen, wenn es um den bisherigen Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages geht. Er soll ein Vollausschuss werden, fordern Fachpolitiker und Zivilgesellschaft einhellig.
Ihr wollt ihn, ihr kriegt ihn. Das hat zwar Bundeskanzler Olaf Scholz in Bezug auf Gesundheitsminister Karl Lauterbach gesagt. Der Ansatz wäre aber auch hier richtig.
In diesem Sinne, auf gute Zusammenarbeit!
Kommentar von Dr. Stefan Nährlich für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 228 – November Dezember 2021 vom 08.12.2021
Bitte beachten Sie auch die noch folgenden Kommentare von Dr. Holger Backhaus-Maul und Dr. Rudolf Speth zu weiteren Aspekten des Koalitionsvertrages.