Eigentlich hatte sich die im Begriff des “Gutmenschen” manifestierte Schmähung engagierter Bürgerinnen und Bürger im vergangenen Jahr 2015 schon von selbst erledigt; zeigte sich doch in der Not bei der Versorgung der vielen Flüchtlinge, dass es ohne die “Gutmenschen” gar nicht ging. Aber vielleicht wollte die Jury der Aktion “Unwort des Jahres” auf Nummer sicher gehen – jedenfalls gab sie dem Begriff mit der Wahl zum “Unwort des Jahres” den Rest. Dafür erntete sie erwartungsgemäß viel Beifall und nur die leise Kritik, dass sie sich ein fast unsportlich leichtes Spiel erlaubt hat in diesem Jahr. Möglicherweise hätte die Wahl eines beschönigenden Begriffs wie “Asylgegner” oder “Asyldebatte” mehr zur sprachkritischen Reflektion der öffentlichen Kommunikation dieser Tage beigetragen, meinte etwa der Sprachbeobachter und Autor des von Fachleuten hoch geschätzten “Sprachlog”, Anatol Stefanowitsch.
Unwort des Jahres: Ein Feindbild weniger
, Ausgabe 163 Januar 2016