Sunviva ist eine kleine gelbe Tomate und hat das Herz der Schülerinnen und Schüler der Dortmunder Johann-Gutenberg-Realschule erobert. Das Saatgut dieser alten Tomatensorte untersteht der Open-Source Saatgut Lizenz: Jeder darf sie züchten, aber keiner darf sie patentieren, sie ist Gemeingut. Seit dem letzten Schuljahr setzen sich die Schüler jahrgangs- und fächerübergreifend für ihre Verbreitung ein.
Sie unterstützen damit eine Kampagne der Stadt Dortmund zum Erhalt der ökologischen Vielfalt und Klimaanpassung in der Landwirtschaft. Ganz nebenbei beschäftigen sie sich dabei mit Themen wie Weltwirtschaft, industrielle Landwirtschaft, Patentrecht, Artenvielfalt und Umweltschutz. Auslöser für das Engagement war ein Netzwerktreffen der Kampagne “Schule der Zukunft”, an dem Lehrerin Claudia Werner teilnahm. Bei dem Treffen wurde die Idee vorgestellt, während der Earth Hour 2019 Sunviva-Tomatenpflanzen an die Besucher der zentralen Veranstaltung in Dortmund zu verschenken.
201 Tomatenpflanzen für Dortmund
Die Aussaat und das Aufziehen der Pflanzen übernehmen seitdem die Schülerinnen und Schüler von Claudia Werner im Jahrgang 10. Zu Beginn führten sie im Deutschunterricht ein Experteninterview mit Christian Nähle vom Umweltamt der Stadt Dortmund. Das in der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Interviews erworbene Grundwissen zu Open-source Saat im Allgemeinen und der Sunviva-Tomate im Besonderen bildete die Grundlage für ihr Engagement. Das Saatgut stellte Jörg Lüling von SOLAWI (Solidarische Landwirtschaft Dortmund) zur Verfügung. Aus Tetrapaks bastelten sie Pflanztöpfe, organisierten Pflanzerde, säten die Tomaten aus, zogen die kleinen Pflänzchen und konnten zur Earth Hour im März 2019 tatsächlich 201 kleine Sunviva-Tomatenpflanzen verschenken. Aus den Früchten sollten die neuen Besitzer eigene Samen ernten und damit neue Pflanzen ziehen können. Fächer- und jahrgangsübergreifend interessieren sich seitdem immer mehr Mitschüler für das Projekt und machen mit. Im Kunstunterricht wurden Tomatencomics gezeichnet, Saattütchen entworfen und sogar eine Modekollektion à la Vivienne Westwood. Kollegen griffen das Thema im Religionsunterricht auf, Stichwort Schöpfungsgeschichte. Bei zahlreichen Messen, Stadtfesten und Konferenzen in Dortmund stellten die Schülerinnen und Schüler ihr Engagement vor und erzeugten ein reges Medienecho. Neue Ideen entstanden, so plant der Technikkurs in Jahrgang 7 etwa, Gewächshausschränke und eine Bewässerungsanlage zu bauen. Seit Anfang des Jahres ziehen die Schülerinnen und Schüler neue Tomatenpflanzen, inzwischen gibt es auch ein Memory-ähnliches Spiel, mit dem das gesammelte Tomatenwissen spielerisch erfahrbar wird. Alles ist nachzulesen auf dem projektbegleitenden Blog.
In der Zeit, als die Schülerinnen und Schüler wegen Corona zuhause bleiben mussten, bekamen sie Tomatenpost von Lehrerin Claudia Werner. Aufmunternde Worte und ein Tütchen Tomatensamen zum Aussäen hat sie ihren 10ern geschickt, damit die Tomatenzucht nicht ins Stocken gerät. Wenn die Schüler zurück in der Schule sind, werden ab Mitte Mai – wenn es das Wetter sowie die Corona-Regeln erlauben – die neuen Pflanzen umgetopft und im Innenhofgarten der Schule ans Freiland gewöhnt. Gegärtnert wird in Kleinstgruppen, damit alle genügend Abstand zu einander einhalten können. Claudia Werner sieht das Gärtnern auch als Ausgleich dafür, dass sich im Unterricht erst einmal alles auf die Hauptfächer konzentrieren wird. Die Zeit draußen will sie daher auch für persönliche Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Erlebnisse in der schulfreien Zeit nutzen.
Schule: Johann-Gutenberg-Realschule, Dortmund (NRW) | Schulform: Realschule | Engagiert: ca. 200 Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 10 | Partner: Stadt Dortmund, SOLAWI (Solidarische Landwirtschaft Dortmund), Lernbauernhof Schulte-Tigges Dortmund, Kampagne “Schule der Zukunft”| Dauer: ein Schuljahr | Im Stundenplan als: Fachunterricht, freiwilliges Engagement außerhalb des Unterrichts | Unterrichtsverknüpfung: Deutsch, Kunst, Sozialwissenschaften, Technik