Thomas Heberer beschreibt in Aus Politik und Zeitgeschichte (39/2010 – 27. September 2010) “Chinas zivilgesellschaftliche Entwicklung: Von Massen zu Bürgern?”. Historisch sei die soziale Solidarität in China auf die Familie oder den unmittelbaren Bezugsraum beschränkt gewesen, so der Politikwissenschaftler. Eine Vorstellung vom sozial verantwortlichen und unabhängig vom Staat engagierten Bürger, wie sie den europäischen Begriff der Zivilgesellschaft prägt, sei in China bislang nicht entwickelt. Gleichwohl entstünden die Voraussetzungen für “die Herausbildung von Bürgern”, vor allem durch die Individualisierungsprozesse im Zuge der Modernisierung Chinas, so Heberer. Wichtigster Akteur bei der Entwicklung einer “neuen Bürgermoral” sei bislang der chinesische Staat: “Der Staat sucht von oben Strukturen zu schaffen und Werte zu propagieren, die dieser Herausbildung förderlich sind. […] Mangelnde ‘bürgerliche’ Freiheitsrechte und fehlende Rechtssicherheit wirken hier allerdings beschränkend”, so der Autor über den chinesischen “Versuch der Schaffung von Bürgern ‘von oben'”.
APuZ: Chinas Zivilgesellschaft – Bürger ‘von oben’
, Ausgabe 106 Oktober 2010