Kommentar: Ungeliebt, aber unersetzlich: Feuerwehr und THW

von Rudolf Speth

Beim bürgerschaftlichen Engagement gibt es eine geheime Hierarchie. Sie wird sichtbar in den Diskursen darüber, welches Engagement wirklich wertvoll und förderungswürdig sei. Zum Ausdruck kommt: Das alte, traditionelle Ehrenamt hat ausgedient, modern und zeitgemäß ist dagegen das bürgerschaftliche Engagement, das selbstbestimmt und selbstorganisiert ohne die großen Organisationen auskommt. Damit einher geht ein Misstrauen gegenüber großen und alten Organisationen, allen voran gegenüber der Freiwilligen Feuerwehr. Sie wird als Hort des alten Ehrenamtes angesehen und gilt als Steckenpferd der Konservativen. Wer die Freiwillige Feuerwehr mit dem bürgerschaftlichen Engagement verbinden will, machte sich beinahe schon verdächtig.

Nun allerdings hat sich gezeigt, dass es gerade die Freiwilligen Feuerwehren und das Technische Hilfswerk (THW) waren, die in den vergangenen Wochen bei den Überschwemmungen an Elbe, Saale und ihren Nebenflüssen unschätzbare Dienste leisteten. Nur sie waren in der Lage, substantiell Hilfe zu leisten, weil sie beides hatten: eine schlagkräftige und verlässliche Organisation und passendes Gerät. Ohne diese beiden Organisationen wäre an den Flüssen das Chaos ausgebrochen und die Lage außer Kontrolle geraten. Die spontane Hilfsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, die sich überall zeigte und in den Medien gefeiert wurde, war wichtig und notwendig. Ihre Wirksamkeit blieb aber gering gegenüber der geballten Schlagkraft der beiden Freiwilligenorganisationen.

Was ist daraus zu lernen? Feuerwehren und Technisches Hilfswerk dürfen nicht die ungeliebten Kinder der Bürgergesellschaft bleiben. Sie gehören zu ihrem Rückgrat, weil sie in bedrohlichen Situationen auch wirklich helfen können. Beide haben noch einen weiteren Vorteil gegenüber dem spontanen und unbeständigen bürgerschaftlichen Engagement. Sie stellen Hilfe und Engagement dauerhaft zur Verfügung. Sie können dies, weil sie über Organisationskraft verfügen. Der Brand- und Katastrophenschutz kann daher nicht einfach in die Hände des spontanen Engagements gelegt werden. Niemand schlägt dies auch ernsthaft vor, doch die sinkende gesellschaftliche Wertschätzung trägt dazu bei, dass den Organisationen der Nachwuchs fern bleibt. Gerade die lokale Bürgergesellschaft benötigt aber verlässliche und schlagkräftige Organisationen – auch wenn diese ungeliebt sind und als wenig hipp gelten.

Kommentar von Dr. Rudolf Speth für bürgerAktiv – Nachrichtendienst Bürgergesellschaft, Ausgabe 135 – Juni 2013 vom 28.06.2013

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