Deutscher Bundestag: Geteilte Meinungen zur Gemeinnützigkeit

Sollen Körperschaften, deren Repräsentanten bei der Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks der Körperschaft gegen die geltenden Strafgesetze verstoßen, ihre Steuerbegünstigung verlieren, und muss die Bundesregierung entsprechend aktiv werden? So forderte es die Bundestagsfraktion der FDP in ihrem Antrag „Straftaten und Gemeinnützigkeit schließen sich aus“ (Drucksache 19/2580 vom 6. Juni 2018) fordert (bürgerAktiv berichtete). Dazu gab es am 13. Februar 2019 eine Anhörung im Finanzausschuss. Der als Sachverständiger geladene Präsident des Deutschen Finanzgerichtstages Prof. Jürgen Brandt sagte, er sehe keinen konkreten Handlungsbedarf für gesetzgeberische Maßnahmen, da die vorliegenden Einzelfälle im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit zu beurteilen seien. Keinen Handlungsbedarf sah auch Dr. Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, da die Grenze zwischen legitimem Protest und strafbarem Verhalten nicht starr, sondern Ergebnis gesellschaftlicher Aushandlung sei. Der FDP-Antrag würde seiner Ansicht nach gemeinnützige Organisationen nötigen, künftig auch strafrechtlich vermutlich unbedenkliche Aktivitäten zu unterlassen, was eine gesellschaftliche Aushandlung dessen, was überhaupt strafbar sein soll, weiter erschweren würde. Zuspruch zum FDP-Anliegen kam dagegen von Rechtsanwalt Dr. Walter Scheuerl. In seiner Stellungnahme kritisierte er die aktuelle Rechtslage, von der „in erster Linie solche personell kleinen und im Graubereich der Legalität operierenden Spendenvereine und –stiftungen profitierten, die sich bei schlanken Strukturen durch aggressives Marketing hohe Einnahmen sichern.“

Ebenfalls auf ein geteiltes Echo stieß der Antrag “Gemeinnützigkeit braucht Rechtssicherheit statt politischer Willkür” der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen (Drucksache 19/7434 vom 30. Januar 2019). In diesem fordert sie die Bundesregierung auf, sich jedem Versuch einer politischen Einflussnahme entgegenzustellen und bestehende Rechtsunsicherheiten für gemeinnützige Organisationen abzubauen, und zwar durch die Modernisierung des Katalogs an förderfähigen Zwecken gemäß Abgabenordnung (AO) sowie durch Bildung einer Bundesbehörde mit Zuständigkeit für das Gemeinnützigkeitsrecht. Während die Gründung einer Bundesbehörde bei den Sachverständigen mehrheitlich auf unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken stieß, sprachen sich einige Experten für eine Erweiterung der gemeinnützige Zwecke in der AO aus.
Die Stellungnahmen der insgesamt fünf Sachverständigen stehen online und können heruntergeladen werden.

www.bundestag.de/ausschuesse…
dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/025/1902580.pdf
dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/074/1907434.pdf

Ausgabe 197 Februar 2019, Recht & Politik